Krise in der Selbstständigkeit: Warum jetzt auch Freiberufler ums Überleben kämpfen

Von | 24. September 2024

In Deutschland gerät die Selbstständigkeit immer stärker unter Druck. Besonders Freiberufler und Kleinunternehmer leiden unter der derzeitigen wirtschaftlichen Unsicherheit. Aktuelle Daten verdeutlichen, dass der Anteil der Selbstständigen unter allen Erwerbstätigen einen historischen Tiefstand erreicht hat. Die Ursachen dafür liegen jedoch nicht allein in ökonomischen Problemen. Obwohl Selbstständige eine wichtige Rolle für die Volkswirtschaft spielen, werden ihre Anliegen oft nicht ausreichend gehört (welt: 18.09.24).

Wirtschaftskrise spitzt sich zu: Selbstständige in Deutschland unter massivem Druck

In den letzten Jahren hat sich die wirtschaftliche Lage in Deutschland verschlechtert, was besonders für Freiberufler und kleine Unternehmen spürbar ist. Laut dem Jimdo-Ifo-Index, der kürzlich veröffentlicht wurde, hat sich das Geschäftsklima für Selbstständige im Spätsommer weiter eingetrübt.

Freiberufler und Kleinunternehmer leiden unter der derzeitigen Wirtschaftskrise. Anteil der Selbstständigen auf historischem Tiefstand
Bild: KI-generiert

Im Vergleich zum Juli, wo der Index noch bei minus 13,4 Punkten lag, ist er im August auf minus 18,4 Punkte gefallen. Negative Werte zeigen, dass die Stimmung überwiegend pessimistisch ist. Der Rückgang fiel stärker aus als in der Gesamtwirtschaft, was die besonders schwierige Situation für Selbstständige unterstreicht.

Herausforderungen in verschiedenen Branchen

Die Schwierigkeiten sind je nach Branche unterschiedlich ausgeprägt. Viele Freiberufler, die für große Unternehmen arbeiten, etwa im IT-Bereich, spüren den Rückgang an Aufträgen besonders stark. Auch im Einzelhandel und Dienstleistungssektor melden Selbstständige sinkende Umsätze. Die Zurückhaltung der Großunternehmen und Konsumenten führt zu einem erheblichen Auftragsmangel. Besonders im Baugewerbe und im verarbeitenden Gewerbe ist das Geschäftsklima schlecht. Hohe Energiekosten und allgemeine Unsicherheit machen es vielen Betrieben schwer, erfolgreich zu wirtschaften.

Trotz dieser negativen Entwicklungen gibt es im Tourismusbereich Anzeichen für eine leichte Erholung. Dies zeigt, dass die Auswirkungen der Krise nicht in allen Sektoren gleich stark spürbar sind. Dennoch bleibt die Gesamtentwicklung für Selbstständige düster.

Der Rückgang der Selbstständigkeit

Die Selbstständigkeit in Deutschland ist seit Jahren rückläufig. Im Jahr 2023 lag die Zahl der Selbstständigen bei nur noch 3,8 Millionen – ein Wert, der zuletzt in den 1990er-Jahren verzeichnet wurde. Besonders auffällig ist der Rückgang im Vergleich zur Gesamtwirtschaft. Während vor 50 Jahren der Anteil der Selbstständigen deutlich höher lag, hat er sich mittlerweile auf nur noch 8,4 Prozent aller Erwerbstätigen halbiert.

Ein Teil des Rückgangs lässt sich damit erklären, dass viele Menschen in der Vergangenheit aus der Not heraus selbstständig wurden. So gab es in den 1990er- und 2000er-Jahren viele Gründungen von Solo-Selbstständigen, oft als Reaktion auf den Verlust eines regulären Arbeitsplatzes. Die Einführung der Hartz-Gesetze führte zur Schaffung von sogenannten Ich-AGs, was vielen den Einstieg in die Selbstständigkeit erleichterte. Doch mit der Verbesserung der Arbeitsmarktlage kehrten viele dieser Solo-Selbstständigen wieder in den regulären Arbeitsmarkt zurück.

Bürokratische Hürden und gesellschaftliche Rahmenbedingungen

Die verschlechterten Rahmenbedingungen tragen ebenfalls zum Rückgang der Selbstständigkeit bei. Viele Freiberufler klagen über Gesetze gegen Scheinselbstständigkeit, die für sie einen erheblichen bürokratischen Aufwand bedeuten. Besonders Solo-Selbstständige fühlen sich oft unter Generalverdacht, was ihre wirtschaftliche Aktivität erschwert. Manche Unternehmen beauftragen daher lieber IT-Freelancer im Ausland, um den bürokratischen Hürden in Deutschland zu entgehen.

Ein weiterer Belastungsfaktor ist die teurere Sozialversicherung für die Kinder von Selbstständigen. Zudem berichten viele Selbstständige, die eigene Mitarbeiter beschäftigen, dass es schwierig sei, qualifiziertes Personal zu finden. Diese Hürden behindern besonders in Branchen wie Gastronomie und Handwerk die Weiterentwicklung der Selbstständigen. Trotz der oft langen Arbeitszeiten und des hohen Engagements sehen sich viele Unternehmer in diesen Bereichen mit zunehmenden Schwierigkeiten konfrontiert.

Flexibilität als wirtschaftlicher Vorteil

Die Flexibilität der Freiberufler bleibt jedoch ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor. Selbstständige ermöglichen es Unternehmen, schnell auf veränderte Auftragslagen zu reagieren. Ökonomisch betrachtet ist es daher problematisch, die Selbstständigkeit durch staatliche Regulierungen zu stark einzuschränken. Holger Schäfer, Ökonom beim Institut der deutschen Wirtschaft, betont: „Die Bedingungen müssen stimmen.“ Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sollten so gestaltet sein, dass sie die Selbstständigen nicht zusätzlich belasten.

Damit es zu einer Verbesserung der Lage kommt, muss die Stimme der Selbstständigen stärker in politischen Entscheidungen berücksichtigt werden.

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