Droht Anwohnern von Fernwärmeleitungen der Anschlusszwang?

Von | 1. November 2024

Die Einführung von Fernwärme als klimafreundliche Energiequelle zur Erreichung der Klimaziele wird von vielen Städten und Gemeinden in Deutschland vorangetrieben. In manchen Fällen wird ein Anschlusszwang für Fernwärme auferlegt, was in der Bevölkerung teils für Unsicherheit sorgt. Besonders in dicht besiedelten oder neu erschlossenen Gebieten sehen Städte Fernwärme als vielversprechende Möglichkeit, die CO₂-Bilanz zu verbessern. Doch die Vorschrift, sich an das Fernwärmenetz anschließen zu müssen, wird nicht überall positiv aufgenommen und hat in einigen Fällen rechtliche Auseinandersetzungen nach sich gezogen.

Beispiel Ravensburg

Ein aktuelles Beispiel dafür ist Ravensburg, wo derzeit ein Ausbau des Fernwärmenetzes erfolgt. In der Bachstraße lehnt jedoch fast die Hälfte der Anwohner einen Anschluss an das neue Netz ab – unter anderem aufgrund der hohen Anschlusskosten und der gestiegenen Attraktivität von Gas (schwaebische: 24.10.24).

Die Stilllegung der Gasnetze und der drohende Anschlusszwang an die Fernwärme: Ein kontroverses Thema in Deutschland

Die Technischen Werke Schussental (TWS) und die Stadt betonen jedoch, dass es hier keinen Anschlusszwang gibt und Eigentümer weiterhin die Wahl zwischen verschiedenen Heizsystemen, wie Wärmepumpen oder Pelletheizungen, haben. Gleichzeitig planen Stadt und TWS, das Gasnetz in den kommenden Jahren für Anwohner mit einer Fernwärmeleitung stillzulegen. Auch wenn ein direkter Zwang ausgeschlossen wird, könnte es also mittelfristig in einigen Fällen keine echte Wahl geben, weil die Gasversorgung entfällt.

Rechtliche Lage und Fälle in Deutschland

Rechtlich erlaubt das Baugesetzbuch (BauGB) Kommunen, einen Anschlusszwang durchzusetzen, wenn dies in der kommunalen Satzung festgelegt wird. In Neubaugebieten und stark bebauten Vierteln setzen manche Städte zunehmend auf einen Fernwärmeanschlusszwang. Sie wollen damit eine zentrale Wärmeversorgung sicherstellen und ihre CO₂-Bilanz verbessern. In Hamburg etwa ist die Fernwärme in ausgewählten Stadtteilen Pflicht. Besonders betrifft dies Neubauten und größere Sanierungsprojekte, bei denen die Anbindung an das Fernwärmenetz festgelegt wird, um so die umweltfreundliche Energieversorgung der gesamten Stadt zu stärken und zur Klimaneutralität beizutragen.

Verbraucherschutz und Kritikpunkte

Verbraucherschützer warnen davor, dass Fernwärme in manchen Regionen zur Kostenfalle werden kann. Da es in den meisten Städten nur einen Anbieter gibt, haben Kunden keine Möglichkeit, den Anbieter zu wechseln oder auf günstigere Alternativen auszuweichen. In Ravensburg kritisieren Verbraucherschützer, dass die Preisbildung bei Fernwärme oft intransparent sei und ohne Wettbewerbsvorteile schwer zu kontrollieren ist. Einige Hausbesitzer stellen außerdem die Klimaneutralität der Fernwärme infrage, da viele Systeme auf fossile Energien wie Gas zurückgreifen, um Spitzenlasten abzudecken.

Während die Fernwärme als Lösung für die Wärmewende zunehmend in den Fokus rückt, bleibt der Anschlusszwang ein kontroverses Thema. Der Anschlusszwang trägt zur Förderung des Klimaschutzes und einer nachhaltigen Energiezukunft bei. Gleichzeitig bringt er jedoch Herausforderungen für Hausbesitzer mit sich. Diese betreffen nicht nur die finanziellen Aspekte, sondern auch die Einschränkung ihrer Wahlfreiheit bei der Energieversorgung. Die Verpflichtung zur Nutzung zentraler Systeme bedeutet für viele Anwohner eine deutliche Veränderung, da sie alternative Heizmethoden nicht mehr so flexibel auswählen können und oft hohe Investitionskosten tragen müssen, um den Anschluss zu realisieren. Ravensburg und andere Städte zeigen, dass die Umsetzung einer emissionsarmen Wärmeversorgung auch für die Stadtplanung eine komplexe Aufgabe bleibt.

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