Das Projekt zur Etablierung der größten Wasserstoff-Flotte weltweit im Taunus endet in einem Debakel. Technische Probleme der Züge führen zu massiven Störungen im Betrieb. Die Herstellerfirma Alstom zeigt sich überfordert, und der RMV kämpft mit den Folgen. Die Hoffnungen auf eine umweltfreundliche und zuverlässige Lösung scheinen in weite Ferne gerückt (fnp: 01.09.24).
Wasserstoff-Flotte im Taunus: Chaos und Unmut über Alstom
Die Verwaltungschefs der Hochtaunus-Kommunen äußern ihren Unmut über die wiederkehrende Unzuverlässigkeit im Taunusnetz. Die Kritik richtet sich direkt an Alstom, dessen Wasserstoff-Flotte aufgrund technischer Schwierigkeiten größtenteils im Depot steht. Diese Situation hat zur Folge, dass für die Verbindungen ins Usinger Land ein Notfahrplan mit stark reduziertem Angebot in Kraft tritt. Busse ersetzen vielfach den Zugverkehr.
Fehlende Zuverlässigkeit: Technische Probleme bei der Wasserstoff-Flotte im Taunus führen zu massiven Störungen im Betrieb
Landrat Ulrich Krebs (CDU) vertritt die Bürgermeister und fordert umgehend Konsequenzen. Er hebt hervor: „Die Belastungen der Reisenden durch Ausfälle und Ersatzverkehre und die Belastungen des Personals durch ständige Neuplanungen im Betriebsablauf sind nicht mehr länger hinnehmbar.“ Krebs, zugleich Aufsichtsratsvorsitzender des RMV, hält es für möglich, die Notbremse beim Projekt zu ziehen. Er denkt laut darüber nach, den 25 Jahre laufenden Vertrag aufzukündigen. Dies könnte bedeuten, dass man zur Dieseltechnologie zurückkehrt, obwohl der Taunus als Vorbild für emissionsfreien und komfortablen ÖPNV mit Wasserstoff gelten sollte.
Rechtliche Optionen und Herstellerverantwortung
Inwiefern eine Kündigung der Verträge rechtlich umsetzbar wäre, bleibt unklar. Der RMV äußert sich vage zu einer möglichen Exit-Strategie und pocht auf die Einhaltung der bestehenden Verträge. Diese verpflichten Alstom dazu, eine ausreichende Anzahl funktionierender Fahrzeuge für den Betrieb bereitzustellen.
Alstom wird bereits sanktioniert und trägt die Folgekosten für die mangelhafte Qualität der Züge. Dazu zählen die erhöhten Reparaturkosten sowie die Bereitstellung von Ersatzfahrzeugen. Auch die finanziellen Mittel für die Instandhaltung werden gekürzt, ein Großteil davon ist im Jahr 2023 bereits nicht ausgezahlt worden. Der Hersteller, ein milliardenschweres Unternehmen, äußert sich kleinlaut. Er bedauert die Schwierigkeiten und führt Materialengpässe bei Ersatzteilen als eine der Ursachen an. Ein weiteres Problem sind „eingeschränkte Funktionalitäten einzelner Brennstoffzellen“. Diese Probleme deutet auch Landrat Krebs an: „Die Antriebstechnik ist offenkundig grundlegend unzuverlässig.“
Schritte zur Problemlösung
Wie Alstom plant, die bestehenden Probleme zu beheben, bleibt abzuwarten. Ein Sprecher versichert, dass man alle Hebel in Bewegung setze, um die Verfügbarkeit der iLints kurzfristig zu erhöhen. Dazu zählen die Aufstockung des Werkstatt-Personals, eine intensivere technische Betreuung sowie die Erneuerung von Hardware-Komponenten und Software-Updates. Zudem soll ein umfassendes Modernisierungsprogramm für die Brennstoffzellen ins Leben gerufen werden, allerdings erst im kommenden Jahr.
Die Situation im Main-Weser-Netz spiegelt die Herausforderungen im Taunus wider. Die verspätete Inbetriebnahme der 17 neuen Doppelstockzüge erfolgt erst im Sommer 2026. Pendler im Taunus kennen diese Schwierigkeiten bereits zur Genüge. Die technischen Probleme scheinen zu verdeutlichen, dass die Wasserstofftechnologie noch nicht vollständig für den Einsatz in Zügen ausgereift ist.
Potenzial und notwendige Tests
Die Brennstoffzellentechnik zeigt laut Experten durchaus Potenzial, den öffentlichen Nahverkehr umweltfreundlicher zu gestalten. Dennoch gibt es Bedenken hinsichtlich der technischen und logistischen Reife. Enno Wagner, Leiter des Labors für Brennstoffzellentechnik an der Frankfurt University of Applied Sciences, erklärt, dass umfassende Feldtests notwendig sind. Diese sollten auch durch staatliche Unterstützung gefördert werden. Ein sofortiger Austausch einer gesamten Flotte erscheint ihm „vielleicht ein bisschen“ voreilig. Stattdessen plädiert er für eine längere Erprobungsphase, um alternative Lösungen zu entwickeln.
Auch der Fahrgastverband „Pro Bahn“ äußert Bedenken. Es existieren zwar Erfahrungswerte zu Wasserstoffzügen, jedoch nicht aus dem gebirgigen Taunus. Der RMV hingegen bleibt optimistisch. Die Pressestelle verweist darauf, dass auch andere Hersteller auf Brennstoffzellenantrieb setzen. Der Verkehrsverbund betont, dass die Entwicklung der Züge lange gedauert hat und Alstom diese „über Jahre umfassend erfolgreich getestet“ habe. Nach den aktuellen Erfahrungen wird eine Neubewertung dieser Annahmen wohl unumgänglich.
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