Steigende Pachten gefährden die Energiewende – Höhere Preise statt günstiger Strom

Von | 22. Oktober 2024

Der Ausbau der Windkraft in Deutschland gilt als zentraler Baustein der Energiewende. Doch die steigenden Pachten für Windkraftflächen könnten diesen Plan zunichtemachen. Während Grundstückseigentümer an windreichen Standorten enorme Summen verlangen, treibt dies die Kosten in die Höhe – und damit auch die Energiepreise. Die erhoffte Entlastung für Verbraucher bleibt aus, im Gegenteil: Statt einer Kostensenkung führt der massive Ausbau der Windkraft zu höheren Preisen. Dies zeigt, dass der ursprüngliche Plan, durch die erneuerbaren Energien langfristig günstigeren Strom anzubieten, ins Gegenteil umschlägt (taz: 14.10.24).

Vergabe der Pachten nach Höchstgeboten – Eine Spirale nach oben

Ein Hauptproblem sind die Höchstpreisauktionen bei der Vergabe von Windkraftflächen. Besonders die Landesforsten, die über viele potenzielle Standorte in den Wäldern verfügen, vergeben ihre Flächen an den Meistbietenden. Dies lässt die Preise in die Höhe schnellen. Die Vergabeverfahren öffentlicher Einrichtungen zwingen sie aufgrund gesetzlicher Vorgaben, das Maximum aus den Pachten herauszuholen. Das treibt die Kosten für Windkraftanlagen weiter an und führt zu einer ungesunden Preisentwicklung. Vor allem Regionen mit viel Wind, wie die Küstengebiete, sind stark betroffen, was zu regionalen Ungleichheiten führt. Während einige Regionen durch hohe Pachteinnahmen profitieren, müssen andere, weniger geeignete Gebiete, die durch höhere Energiepreise entstehenden Mehrkosten tragen.

Jürgen Quentin von der Fachagentur Wind und Solar warnt davor, dass „stark steigende Flächenpachten zum Flaschenhals der Energiewende“ werden. Jens Kriete von Koehler Renewable Energy kritisiert zudem, dass der Fokus immer mehr auf Höchstpreise liegt, ohne Rücksicht auf regionale Arbeitsplätze und wirtschaftliche Effizienz. In vielen Fällen kommen ausländische Energiekonzerne mit extrem hohen Geboten zum Zuge, was kleinere Unternehmen verdrängt und die lokale Wertschöpfung schwächt. Diese Entwicklung verstärkt die Marktmacht weniger großer Akteure und widerspricht dem ursprünglichen Ziel der Energiewende, eine dezentrale Energieerzeugung zu fördern.

Anstieg der Pachten – Keine Entlastung für Verbraucher

Während vor einigen Jahren die Pachtkosten für Windkraftflächen etwa zehn Prozent der jährlichen Stromeinnahmen ausmachten, sind es heute bis zu 50 Prozent. Ein deutscher Projektentwickler berichtet von Verträgen, die gezwungenermaßen geschlossen wurden und bis zu 30 Prozent der Einnahmen als Pacht festsetzen. Einzelne Windkraftanlagen generieren dadurch Jahrespachten von mehreren hunderttausend Euro. Diese überbordenden Pachtkosten belasten jedoch nicht nur die Windkraftbranche, sondern letztlich auch die Verbraucher.

Die hohen Pachtkosten konterkarieren den eigentlichen Zweck des Windkraftausbaus, nämlich eine Senkung der Energiepreise zu bewirken. Stattdessen führen die immer teureren Pachten dazu, dass die Strompreise weiter steigen, obwohl die Projekte über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefördert werden. Dies ist eine gefährliche Marktverzerrung, die nur durch die staatlichen Subventionen ermöglicht wird. Grundstückseigentümer erhöhen ihre Forderungen, da die Einspeisevergütungen stabil bleiben, was die gesamte Branche belastet. Kritiker warnen, dass diese Subventionen den Markt künstlich verzerren und die Windkraftanlagen teurer machen, als sie sein müssten.

Deckelung der Pachten als Lösungsansatz – Bisher wenig Resonanz

Bereits 2022 präsentierte der Bundesverband Windenergie (BWE) ein Konzept zur Begrenzung der Pachten. Diese sieht vor, den festen Pachtanteil auf das 45-fache der landwirtschaftlichen Pacht zu begrenzen. Der variable Anteil sollte auf 0,4 Cent pro Kilowattstunde Strom festgelegt werden. Dieser Vorschlag könnte helfen, die Preisentwicklung zu entschärfen und gleichzeitig den Ausbau der Windkraft nicht zu gefährden. Doch trotz dieses Lösungsvorschlags hat die Debatte darüber bisher weder in der Politik noch in der Öffentlichkeit viel Aufmerksamkeit erregt.

Es gibt weitere Lösungsvorschläge, wie zum Beispiel Beteiligungsmodelle für Bürger und Kommunen, die auf eine gerechtere Verteilung der Kosten abzielen. Dies würde nicht nur die Akzeptanz für Windkraftprojekte erhöhen, sondern auch eine breitere finanzielle Teilhabe ermöglichen. Einige Projekte zeigen bereits, dass solche Modelle erfolgreich sein können, doch sie sind bisher nicht die Norm.

Steigende Kosten und fehlende Reformen – Wo bleibt die Politik?

Das Bundeswirtschaftsministerium äußerte sich skeptisch zu den Plänen einer Pachtbegrenzung. Ein Sprecher erklärte, es sei „nicht möglich, in privatwirtschaftliche Pachtverträge einzugreifen.“ Fachjuristen halten dies jedoch für falsch. Thorsten Müller, Leiter der Stiftung Umweltenergierecht, sieht durchaus Spielraum, Pachtobergrenzen im Rahmen von EEG-Ausschreibungen festzulegen. Dies könnte die teils überhöhten Pachtforderungen dämpfen und so die langfristigen Kosten für die Verbraucher reduzieren.

Dennoch fehlen bisher konkrete politische Maßnahmen. Angesichts der steigenden Pachtkosten scheint der Ausbau der Windkraft zunehmend ein Luxusprojekt zu werden, das weniger zur Senkung der Energiepreise beiträgt, als vielmehr zu deren Anstieg. Das Problem der übermäßigen Pachten wird in der politischen Debatte bislang kaum angesprochen, obwohl die Preissteigerungen zu Lasten der Allgemeinheit gehen.

Der Widerspruch zwischen Ausbau und Kostenbelastung

Die hohen Pachten für Windkraftflächen in Deutschland werfen ein ernstes Problem für die Energiewende auf. Während der Ausbau der Windkraft ursprünglich mit dem Versprechen angetreten wurde, die Energiepreise langfristig zu senken, zeigt sich nun das Gegenteil: Immer höhere Pachten treiben die Kosten in die Höhe und belasten Verbraucher zusätzlich. Ohne eine Begrenzung der Pachten kehren steigende Kosten den eigentlichen Zweck der Energiewende – die Versorgung mit günstigem und sauberem Strom – ins Gegenteil um. Eine Reform der Vergabepraxis und eine Begrenzung der Pachtkosten sind dringend nötig, um die Energiewende auf Kurs zu halten und die Strompreise zu stabilisieren. Politische Entscheidungen in den kommenden Jahren werden darüber entscheiden, ob die Energiewende ihren Weg fortsetzen kann – oder ob sie durch Marktverzerrungen und steigende Kosten gebremst wird.

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