Negative Strompreise – Ein Zeichen der misslungenen Energiewende

Von | 23. Oktober 2024

Negative Strompreise mögen zunächst wie eine gute Nachricht klingen, da Verbraucher vermeintlich von niedrigeren Kosten profitieren. In Wirklichkeit verursachen sie jedoch immense finanzielle Belastungen für das gesamte Stromsystem. Am 13. Oktober 2024 fielen die Strompreise für 16 Stunden in den negativen Bereich – ein neuer Rekord mit weitreichenden Folgen. Die Versorgungssicherheit wird gefährdet, und die Kosten steigen drastisch an. Obwohl sowohl Stromkunden als auch Einkäufer kurzfristig von niedrigeren Preisen profitieren, führt diese Entwicklung zu ernsthaften Problemen auf dem deutschen Strommarkt (agrarheute: 15.10.24).

Gründe für den Preisverfall

Der massive Ausbau von Wind- und Solarenergie, insbesondere der witterungsbedingte Anstieg der Windenergie, führte zu einem erheblichen Überschuss an Strom. Am 13. Oktober meldete die Bundesnetzagentur eine Produktion von 767.536 MWh Windstrom, während es am 5. Oktober nur 73.510 MWh waren.

Die Auswirkungen negativer Strompreise auf das Stromsystem: Gefährdung der Versorgungssicherheit und massive Kostensteigerungen
Bild: KI-generiert

Dieser enorme Zuwachs war weder speicherbar noch ließ sich der Strom effizient exportieren. Trotz einer starken Drosselung der konventionellen Kraftwerke, die ihren Output um 44 % reduzierten, ließen sich die negativen Preise nicht verhindern.

Auswirkungen auf Strompreise und Förderung

Die negativen Preise führten zu einem erheblichen Anstieg der staatlichen Zuschüsse für die garantierte Einspeisevergütung, da die Spotmarktpreise fast den ganzen Tag unter der Einspeisevergütungsgrenze lagen. Gleichzeitig erhalten die Stromerzeuger weniger Geld, da ab drei Stunden mit negativen Preisen die Zuschüsse für die Marktprämie komplett entfallen. Die steigende Zahl an negativen Strompreisen zwingt die Bundesregierung zum Handeln. Netzüberlastungen und Blackouts drohen, wenn die Stromproduktion weiterhin stark schwankt.

Netzbetreiber warnen vor den explodierenden Kosten der Einspeisevergütung, die für dieses Jahr auf 20 Milliarden Euro geschätzt werden. Bis Juli 2024 hatte die Bundesregierung bereits elf Milliarden Euro an die Netzbetreiber ausgezahlt. Ohne Anpassungen bei der Förderung der erneuerbaren Energien rechnen Experten ab 2026 mit jährlichen Kosten von mindestens 30 Milliarden Euro. Diese Entwicklung gefährdet nicht nur die Finanzierung des Strommarktes, sondern belastet auch das deutsche Stromnetz.

Herausforderungen der Netzstabilität

Die Überproduktion an Strom, insbesondere bei negativen Preisen, stellt eine erhebliche Belastung für das Netz dar. Deutschland ist gezwungen, andere europäische Länder dafür zu bezahlen, überschüssigen Strom abzunehmen, um eine Überlastung des eigenen Netzes zu vermeiden. Prof. Manuel Frondel vom RWI-Leibniz-Institut fordert eine schnelle Abschaffung der Ökostrom-Förderung, solange keine ausreichenden Speichermöglichkeiten vorhanden sind. Er betont, dass die geplante Verdreifachung der Photovoltaik und die Verdopplung der Windkraft bis 2030 ohne ausreichende Speicherlösungen unbezahlbar sind und die Versorgungssicherheit gefährden.

Zukunftsperspektiven und politische Maßnahmen

Die finanzielle Belastung für die Stromerzeuger steigt. Laut einer Studie des Bundesverbands Erneuerbare Energien bedrohen die niedrigen und negativen Strompreise die betriebswirtschaftliche Grundlage der stark schwankenden erneuerbaren Energien. Seit 2014 gibt es die sogenannte 6-Stunden-Regel, die eine Förderreduzierung bei negativen Strompreisen vorsieht. Mit dem EEG 2021 wurde diese Regel auf eine 4-Stunden-Regelung verschärft. Ab 2024 reduziert sich die Vergütung auf null, wenn die Strompreise über drei Stunden oder länger negativ sind.

Dieses politische Instrument sollte ursprünglich dazu beitragen, negative Strompreise zu verhindern. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die Anzahl der negativen Strompreisstunden nimmt zu und die Preise bleiben immer länger im negativen Bereich. Besonders problematisch ist die Tatsache, dass die negativen Preise inzwischen oft weit unter Null liegen und somit die wirtschaftliche Grundlage vieler Stromerzeuger gefährden.

Die Entwicklung zeigt, dass ohne fundamentale Änderungen in der Förderpolitik und ohne den Ausbau von Speicherkapazitäten das deutsche Stromsystem langfristig instabil bleiben könnte.

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