Die Strategie zur Reduzierung des Energieverbrauchs im Gebäudesektor steht vor dem Kollaps. Vertreter der Immobilienwirtschaft und Wissenschaftler zeigen sich alarmiert und fordern eine radikale Neuausrichtung. Auf einer Branchenveranstaltung in Berlin kritisierten sie die bestehenden Maßnahmen scharf und machten politische Konflikte zwischen SPD und Grünen für das Scheitern verantwortlich (euractiv: 20.11.24).
Drastische Kritik an Sanierungsmaßnahmen
Eine Allianz aus gewerblichen Vermietern und Experten fordert einen Kurswechsel in der Energiepolitik. Axel Gedaschko, Präsident des GdW, bezeichnete den aktuellen Ansatz als „Mission Impossible“. Der dogmatische Fokus auf maximale Energieeinsparungen an Einzelgebäuden habe sich als Sackgasse erwiesen.
Strategie zur Reduzierung des Energieverbrauchs im Gebäudesektor vor dem Kollaps. Experten fordern radikale Neuausrichtung
Die Sanierungsquote liegt seit Jahren bei 0,7 Prozent – weit entfernt von den nötigen zwei Prozent, um die Klimaziele zu erreichen. Gedaschko sprach von einem „Fiasko erster Klasse“, da der Energieverbrauch pro Quadratmeter in den letzten zehn Jahren kaum gesenkt wurde, trotz Milliardeninvestitionen in Sanierungsprogramme. Angesichts knapper Kassen sei es illusorisch, die Fördermittel zu verdoppeln, um die angestrebte Sanierungsrate zu erreichen.
Forderung nach einem Paradigmenwechsel
Die Wohnungswirtschaft fordert stattdessen einen Paradigmenwechsel hin zu „Klimaeffizienz“. Statt Gebäude mit enormem Aufwand zu sanieren, sollten Eigentümer mehr Freiheit erhalten, den CO₂-Ausstoß durch alternative Ansätze wie Dekarbonisierung der Wärmeversorgung, digitale Steuerungstechnologien oder gezielte Maßnahmen an ineffizientesten Gebäuden zu senken. Eine Initiative von Wissenschaftlern, die diese Forderung unterstützt, plädiert für maßvolle Sanierungen und den raschen Ersatz fossiler Heizsysteme. Elisabeth Endres, Professorin für Architektur, stellte klar: „Es gibt keinen Grund, weiterhin Gaskessel einzubauen.“ Dekarbonisierung müsse Priorität haben, während umfangreiche Sanierungen nur dort erfolgen sollten, wo sie wirklich sinnvoll sind.
Politische Konflikte verschärfen die Lage
Die politische Uneinigkeit zwischen SPD und Grünen verschärft die Situation. Bauministerin Klara Geywitz kritisierte die auf Energieeffizienz fokussierte Strategie des Grünen-geführten Wirtschaftsministeriums und wies auf die immense finanzielle Belastung hin. Für Geywitz sei die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung wichtiger als starre Sanierungsvorgaben, die letztlich Mieter überfordern könnten. Ihre Kritik richtete sich auch gegen die EU-Taxonomie, die lediglich die umfassendste Sanierung belohnt und notwendige Maßnahmen an ineffizienten Gebäuden faktisch bestraft.
Ausblick: Ein Umdenken ist unausweichlich
Bernhard Kluttig, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, betonte, dass die neue Bundesregierung sich dringend diesen Problemen widmen müsse. Ohne grundlegende Änderungen in der Baurechtspolitik und bei EU-Investitionsregeln drohe der Gebäudesektor, ein zentrales Element der Energiewende, komplett ins Stocken zu geraten. Die Konsequenzen könnten dramatisch sein, da der Gebäudesektor weiterhin einen erheblichen Anteil am CO₂-Ausstoß hat. Ein Umdenken ist unausweichlich, um sowohl Klimaziele als auch wirtschaftliche Machbarkeit in Einklang zu bringen.
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