Die Bundesnetzagentur lobt das deutsche Stromnetz als eines der sichersten weltweit. Eine aktuelle Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) zeigt jedoch eine andere Realität. Im Jahr 2023 hatten Stromausfälle erhebliche Auswirkungen auf viele Unternehmen. Die Hälfte der Industriebetriebe war betroffen, was zu teuren Konsequenzen führte (welt: 17.05.24).
Die dunkle Seite des sicheren Stromnetzes: Deutsche Unternehmen zahlen hohen Preis für Ausfälle
Laut der Bundesnetzagentur sind die Versorgungsunterbrechungen im deutschen Stromnetz gering. Der jährliche Bericht zeigt, dass die durchschnittliche Unterbrechungsdauer pro Verbraucher 2022 auf 12,2 Minuten sank. Im Vergleich dazu erlebten Stromkunden in den USA durchschnittlich 125,7 Minuten Ausfallzeit. Diese Statistik suggeriert eine hohe Zuverlässigkeit des deutschen Netzes.
Die dunkle Seite des sicheren Stromnetzes: Deutsche Unternehmen zahlen hohen Preis für immer mehr Stromausfälle
Jedoch zeigt eine Umfrage der DIHK ein anderes Bild. Rund 1000 Unternehmen berichteten von erheblichen finanziellen Schäden durch Stromausfälle. Kleine und mittelgroße Unternehmen waren besonders betroffen. Produktionsausfälle und Maschinenschäden kosteten einige Betriebe bis zu 50.000 Euro, in Einzelfällen sogar mehr als 100.000 Euro.
Verborgene Blackouts: Wie kurze Stromausfälle Deutschlands Unternehmen lahmlegen
Die Diskrepanz zwischen den positiven Berichten der Bundesnetzagentur zur Sicherheit des Stromnetzes und den Erfahrungen der Unternehmen liegt im SAIDI-Wert begründet. Dieser Index erfasst nur Unterbrechungen, die länger als drei Minuten dauern. Kurze Blackouts, die oft erhebliche Auswirkungen haben, werden nicht systematisch erfasst. Solche kurzen Spannungsschwankungen können jedoch Produktionsprozesse massiv stören. Beispielsweise führte das bei dem Kunststoffverarbeiter Hehnke in Thüringen zu häufigen Ausfällen der hochmodernen Spritzgussmaschinen. Der Hehnke-Chef, Torsten Herrmann, beklagte, dass die Probleme mit kurzzeitigen Stromausfällen in den letzten Jahren zugenommen haben.
Stromausfälle bedrohen Produktionsprozesse: Unternehmen schlagen Alarm und fordern politische Lösungen
Viele Unternehmen reagieren auf die unzuverlässige Stromversorgung mit eigenen Maßnahmen. Einige installierten Notstromaggregate und Energiespeicher, um Produktionsausfälle zu minimieren. Laut DIHK-Vize Achim Dercks wird die Elektrifizierung der Produktionsprozesse die Anfälligkeit für Stromausfälle in Zukunft noch erhöhen. Ein Drittel der befragten Betriebe berichtete von Stromausfällen über drei Minuten, während 42 Prozent von kürzeren Unterbrechungen betroffen waren.
Mark Helfrich von der CDU/CSU und der FDP-Politiker Konrad Stockmeier fordern politische Konsequenzen. Sie mahnen, dass der Ausbau erneuerbarer Energien und der Speicherkapazitäten gleichmäßig erfolgen muss. Helfrich betont, dass das Vertrauen in eine störungsfreie Stromversorgung ein wesentlicher Standortfaktor ist.
Stromausfälle ohne Erklärung: Unternehmen fordern Klarheit und Maßnahmen
Die Ursachen für die Stromausfälle bleiben oft ungeklärt. Zwei Drittel der Unternehmen erfahren den Grund für die Unterbrechungen nicht. DIHK-Vize Dercks fordert deshalb ein Monitoring der Bundesnetzagentur für Stromausfälle unter drei Minuten sowie ein Auskunftsrecht über deren Ursachen. Außerdem sollten keine weiteren Kraftwerke abgeschaltet werden, solange die Stabilität durch erneuerbare Energien und Stromspeicher nicht gewährleistet ist.
Die Bundesnetzagentur sieht jedoch keinen direkten Zusammenhang zwischen der Einspeisung von Ökostrom und Spannungseinbrüchen im Stromnetz. Ein Bericht zur Spannungsqualität des Verbandes der Elektrotechnik (VDE FNN) weist darauf hin, dass alle Erzeuger strenge Normwerte einhalten müssen. Trotzdem haben viele Unternehmen in den letzten Jahren über eine verschlechterte Spannungsqualität geklagt.
Bundesnetzagentur unter Druck: Unternehmen fordern Lösungen für zunehmende Stromprobleme
Für die Bundesnetzagentur liegen die Probleme an der zunehmenden Modernisierung der Industrie mit empfindlicher Elektronik und weniger in der Sicherheit des Stromnetzes. Diese Erklärung hält jedoch nicht stand, wenn man die wachsenden Sorgen der Unternehmen berücksichtigt. Die DIHK-Umfrage könnte der Bundesnetzagentur nun ausreichend Anlass geben, Maßnahmen zu ergreifen.
Um die Zuverlässigkeit des deutschen Stromnetzes langfristig zu gewährleisten, sind gezielte Verbesserungen und ein umfassenderes Monitoring erforderlich. Nur so können die Diskrepanzen zwischen den offiziellen Berichten und den realen Erfahrungen der Unternehmen überwunden werden.
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