In Guben, Brandenburg, steht ein bedeutendes Projekt für die Energie- und Verkehrswende bevor. Die kanadische Firma Rock Tech Lithium plant hier eine bahnbrechende Fabrik, die aus Lithium das essenzielle Lithiumhydroxid für Autobatterien herstellen soll. Diese erste europäische Anlage ihrer Art könnte die Region nachhaltig prägen. Im März erhielt das Start-up das Emas-Siegel für umweltfreundliches Wirtschaften von der IHK Brandenburg.
Dieses Projekt ist von zentraler Bedeutung für die deutsche Energie- und Verkehrswende und stellt auch für Brandenburg einen großen Fortschritt dar. Die regionale Wirtschaftsförderung betrachtet es als bedeutenden Erfolg und spricht von einem „Paukenschlag an der Neiße“. Rock Tech Lithium plant Investitionen von 650 Millionen Euro und verspricht die Schaffung von 170 Arbeitsplätzen. (focus, 28.06.2024)
Herausforderung der Lieferkette
Ab 2025 sollen jährlich über 24.000 Tonnen Lithiumhydroxid produziert werden – genug für eine halbe Million Autobatterien pro Jahr. Mercedes-Benz steht als Abnehmer bereit und erhofft sich, unabhängiger von chinesischen Lieferanten zu werden. Jedoch bleibt unklar, woher das benötigte Lithium stammen soll. Auf der Webseite gibt Rock Tech Lithium an, den Rohstoff in Form von Spodumen aus zertifizierten Minen in Kanada zu beziehen. Diese Minen sind jedoch noch nicht in Betrieb.
Eine Alternative bietet die Arcore AG, die im November eine Partnerschaft mit Rock Tech Lithium verkündete. In der Republika Srpska, einem autonomen Teilstaat von Bosnien-Herzegowina, entdeckte Arcore ein großes Lithium-Vorkommen. Laut Presseerklärung hat das Projekt das Potenzial, eine der größten Minen Europas zu werden. Ab 2026 soll der Abbau beginnen und die Konverter-Anlagen von Rock Tech Lithium versorgen.
Kontroverses Lithium-Projekt in Brandenburg: Gefährdet Rock Tech Lithium die Nachhaltigkeit der Energie- und Verkehrswende?
Lokaler Widerstand und politische Bedenken
Die Ankündigung des Projekts stieß in Lopare, der betroffenen Gemeinde, auf heftigen Widerstand. Bürgermeister Rade Savić äußerte Bedenken, dass eine Lithium-Mine die Region unbewohnbar machen könnte. Bürgerinitiativen formierten sich, um gegen den geplanten Abbau zu kämpfen. Adrijana Pekić, Gründerin des Vereins „Beschützer der Majevica“, kritisierte das mangelnde Transparenz und die einseitigen Interessen.
Politisch gesehen ist die Situation in der Republika Srpska kompliziert. Präsident Milorad Dodik, der enge Beziehungen zu umstrittenen internationalen Akteuren pflegt, führt die Region. Kritiker wie Adi Selman von der NGO „Karton Revolucija“ aus Tuzla befürchten, dass nur ein kleiner Führungskreis um Dodik von der Mine profitieren würde. Die US-Regierung hat bereits Sanktionen gegen Dodik und seine Anhänger verhängt. Auch das deutsche Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit hat mehrere Projekte in der Region eingestellt.
Rock Tech Lithium selbst reagiert kaum auf Presseanfragen und äußert sich nur mit Standardfloskeln zur Nachhaltigkeit. Die Arcore AG verweist auf unabhängige Gutachten, die die Einhaltung der UN-Nachhaltigkeitsziele belegen sollen, bleibt aber ebenfalls vage.
Vertrauensverlust und neue Partnerschaften
Das Vertrauen in Rock Tech Lithium scheint zu schwinden. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima lehnte im Mai einen Förderantrag über 200 Millionen Euro ab, offiziell wegen Haushaltsbeschränkungen. Inoffiziell will das Ministerium jedoch keine Verbindung zu Geschäften in der Republika Srpska. Auch Mercedes-Benz distanziert sich von dem Lopare-Projekt.
Im April verkündete Rock Tech Lithium eine neue Partnerschaft mit dem chinesischen Logistiker C&D Logistics. Doch auch hier bleibt unklar, woher der Rohstoff tatsächlich bezogen werden soll. Auf der Webseite verspricht das Unternehmen Transparenz und Verantwortung, doch konkrete Informationen fehlen.
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