Eine neue Regelung des Umweltbundesamtes (UBA) lässt die Lebensmittelindustrie aufhorchen. Große Joghurtbecher fallen ab sofort unter die Sonderabgabe des Einwegkunststofffonds. Diese Einstufung erhitzt die Gemüter von Herstellern, Verbänden und Verbrauchern gleichermaßen (welt: 03.01.25).
Warum Joghurtbecher zur Debatte stehen
Das Umweltbundesamt argumentiert, dass große Joghurtbecher wie Einweggeschirr behandelt werden müssen, da sie angeblich häufig achtlos entsorgt werden. Ziel der Abgabe sei es, die Reinigungs- und Entsorgungskosten öffentlicher Plätze den Verursachern anzulasten. Betroffen sind Becher mit 250 Millilitern Volumen aus Polypropylen, die ohne Deckel geliefert werden. Die Abgabe liegt bei 177 Euro pro Tonne.
Das Umweltbundesamt führt eine Sonderabgabe auf große Joghurtbecher ein. Branchenvertreter bezweifeln die Sinnhaftigkeit dieser Entscheidung
Doch Branchenvertreter bezweifeln die Sinnhaftigkeit dieser Entscheidung. Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer des Lebensmittelverbands Deutschland, kommentierte mit Ironie auf LinkedIn: „Wir alle öffnen den Aludeckel direkt am Supermarktausgang und essen den Joghurt mit den Fingern, um den Becher dann auf die Straße zu werfen.“ Die meisten Menschen brächten den Joghurt jedoch nach Hause und entsorgten die Becher ordnungsgemäß.
Kritik aus der Lebensmittelindustrie
Die Regelung trifft besonders die Molkereien hart. Laut Minhoff könnte die Abgabe für kleinere Betriebe existenzgefährdend sein. Die Kosten lassen sich nicht immer auf den Handel oder die Verbraucher übertragen. Zusätzlich drohen weitere Belastungen: Auch Milchkartons mit einem Liter Inhalt sollen künftig unter die Abgabepflicht fallen.
Der Milchindustrie-Verband (MIV) kritisiert die Entscheidungen scharf. Referentin Karin Monke betont, dass Milchkartons und Joghurtbecher nichts mit dem Problem des achtlosen Wegwerfens an Stränden zu tun hätten. Sie bezeichnet die Einstufung als „völlig weltfremd“. Die Entscheidung widerspreche dem eigentlichen Zweck der EU-Richtlinie, die dem Gesetz zugrunde liegt.
Experten und Behörden uneins
Die Einwegkunststoffkommission, ein Beratungsgremium des UBA, hatte empfohlen, Milchkartons und große Joghurtbecher nicht in den Geltungsbereich des Gesetzes aufzunehmen. Dennoch hielt das Umweltbundesamt an seiner Einschätzung fest. Die Behörde erklärt, dass diese Verpackungen oft direkt verzehrt und achtlos entsorgt würden.
Andere Bechergrößen könnten bald ebenfalls betroffen sein. Das UBA prüft bereits weitere Formate, darunter kleinere Joghurtbecher. Branchenverbände warnen vor einer Ausweitung der Abgabe auf nahezu alle verzehrfertigen Lebensmittelverpackungen.
Folgen für Verbraucher und Bauern
Die Kostensteigerung wird letztlich auch Verbraucher treffen. Schon jetzt kämpfen Lebensmittelproduzenten mit steigenden Energiepreisen, Mautgebühren und neuen gesetzlichen Vorgaben. Laut Minhoff drohen sinkende Milchpreise, die vor allem Bauern zusätzlich belasten könnten.
Der IK-Hauptgeschäftsführer Martin Engelmann warnt vor überzogenen Entscheidungen des UBA: „Das Gesetz richtet sich nur an Behälter, die für den Sofortverzehr gedacht sind. Joghurtbecher und Milchkartons gehören nicht dazu.“ Er sieht die Gefahr, dass das UBA den Gesetzestext zu weit auslegt, um die geplanten Einnahmen zu sichern. Laut UBA haben sich bislang deutlich weniger Unternehmen registriert als erwartet.
Die Diskussion um die Sonderabgabe dürfte die Lebensmittelbranche noch länger beschäftigen. Klare Regelungen, die praxisnah und nachvollziehbar sind, scheinen dringend notwendig. Ob das Gesetz langfristig die gewünschten Umweltziele erreicht, bleibt fraglich.
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