Die aktuellen Daten der Bundesnetzagentur zeichnen ein geschöntes Bild des deutschen Strommarkts. Die Behörde betont in ihren Berichten die Stabilität des Stromnetzes und hebt hervor, dass erneuerbare Energien einen steigenden Anteil an der Versorgung ausmachen. Mit Aussagen wie „Deutschland verfügt über ausreichend Stromerzeugungskapazitäten“ und dem Hinweis, dass fast 60 Prozent der Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen stammen, vermittelt die Bundesnetzagentur den Eindruck, dass die Energiewende reibungslos funktioniert (finanzmarktwelt: 03.01.25).
Unstimmigkeiten bei der Nutzung von Ökostrom
Trotz dieser Betonung der Erfolge bleibt unbeachtet, dass die steigende Ökostromproduktion oft nicht mit dem tatsächlichen Bedarf übereinstimmt. In 457 Stunden des Jahres führten Überkapazitäten zu negativen Strompreisen, sodass Strom ins Ausland verschenkt oder sogar gegen Bezahlung exportiert werden musste. Während die Stromerzeugung aus Wind und Sonne kontinuierlich steigt, fehlt es an flexiblen Speichermöglichkeiten und einer besseren Integration ins Netz. Dadurch bleiben die wirtschaftlichen Vorteile dieser Erzeugung begrenzt, und der deutsche Steuerzahler trägt weiterhin hohe Kosten für Einspeisevergütungen. Auch die Frage, wie viel des Ökostroms tatsächlich sinnvoll genutzt wird, bleibt offen.
Trotz Rekorden beim Import von Strom und Negativpreisen bei Überproduktion stellt die Bundesnetzagentur den Strommarkt für 2024 positiv dar
Doch eine nähere Betrachtung der Details zeigt gravierende Probleme, die hinter dieser positiven Darstellung verborgen bleiben.
Schrumpfende Stromproduktion und wachsende Abhängigkeiten am Strommarkt
Die Stromproduktion fiel 2024 auf 431,7 TWh, was einem Minus von 4,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Hauptverantwortlich ist der Rückgang der Industrieproduktion – ein Faktor, der nicht näher beleuchtet wird. Trotz eines Anstiegs des Anteils erneuerbarer Energien von 56 auf 59 Prozent im Vergleich zu 2023 bleibt die Frage offen, wie die stark schwankende Verfügbarkeit von Wind- und Solarstrom bewältigt werden soll. Gleichzeitig sank der Beitrag konventioneller Energieträger um 10,9 Prozent. Die Nutzung von Gas stieg um 8,6 Prozent auf 56,9 TWh, während Kohle weiter an Bedeutung verlor.
Eine alarmierende Entwicklung zeigen die negativen Strompreise. In 457 Stunden des Jahres gab es Überkapazitäten, die ins Ausland verschenkt oder sogar kostenpflichtig exportiert wurden. Trotz eines durchschnittlichen Strompreises von 78,51 Euro/MWh bleiben die systemischen Schwächen unverändert.
Steigende Stromimporte trotz Eigenkapazitäten
Deutschland importierte 2024 insgesamt 67,0 TWh Strom, während sich der Export auf nur 35,1 TWh belief. Dies unterstreicht die zunehmende Abhängigkeit von ausländischen Stromlieferanten, insbesondere Atomstrom aus Frankreich. Diese Importe, insbesondere von Atomstrom, erreichten Rekordhöhen, werden jedoch in den offiziellen Berichten kaum thematisiert.
Zusätzliche Probleme zeichnen sich in Skandinavien ab. Norwegen plant, Stromexporte nach Deutschland ab 2026 zu reduzieren, während Schweden über steigende Energiepreise klagt. Diese Entwicklungen stellen die langfristige Versorgungssicherheit infrage und belasten das europäische Stromnetz.
Strommarkt in Baden-Württemberg unter Druck
Baden-Württemberg zeigt exemplarisch die Schwächen des deutschen Energiesystems. Laut der App „StromGedacht“ rief TransnetBW Verbraucher auf, morgens zwischen 8 und 11 Uhr ihren Stromverbrauch zu reduzieren. Grund sind überlastete Übertragungsleitungen von Nord- nach Süddeutschland.
Die Netzkapazität reicht nicht aus, um den Windstrom aus dem Norden in den Südwesten zu leiten. Trotz Stromimporten bleibt die Situation kritisch. Hinweise, Elektroautos und Haushaltsgeräte in Spitzenzeiten nicht zu nutzen, verdeutlichen die Unsicherheit im Stromnetz.
Politische Verharmlosung und offene Fragen
Die Politik hebt bevorzugt die positiven Aspekte der Energiewende hervor, während gravierende Probleme verdrängt werden. Weniger fossile Energien sind ein Fortschritt, doch Schwankungen bei Wind- und Solarstrom sorgen für Instabilität. Dunkelflauten verschärfen diese Problematik erheblich.
Offizielle Aussagen betonen den europäischen Stromverbund als Lösung. Die Realität zeigt jedoch Importabhängigkeiten und steigende Kosten. Wichtige Investitionen in Reservekapazitäten und neue Gaskraftwerke fehlen, obwohl sie dringend notwendig wären.
Fazit
Die Bundesnetzagentur präsentiert ein geschöntes Bild, das die tiefgreifenden Schwächen des deutschen Stromsystems verschleiert. Ein stabiler Strommarkt benötigt mehr als den Ausbau erneuerbarer Energien. Ohne ausreichende Infrastruktur und Reserven drohen wachsende Engpässe und höhere Abhängigkeiten vom Ausland. Eine ehrliche Auseinandersetzung mit den Problemen ist unverzichtbar, um nachhaltige Lösungen zu finden.
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