Seit dem Frühjahr 2023 fehlt in Deutschland eine wichtige Stromquelle. Die letzten drei Atomkraftwerke gingen vom Netz – trotz ambitionierter Klimaziele und geplanter Kohleausstiegspolitik. Der Umweltökonom Manuel Frondel sieht darin einen fundamentalen Fehler. Emissionsarmer, wetterunabhängiger Strom stand zuvor rund um die Uhr bereit. Diese Chance für stabile Energieversorgung fiel politischen Entscheidungen zum Opfer (berliner-zeitung: 23.03.25).
Europa setzt auf Atomkraft – Deutschland schaut zu
Während Deutschland aussteigt, verfolgen andere Länder einen anderen Weg. Polen und Tschechien bauen neue Reaktoren. Belgien verlängerte die Laufzeit bestehender Anlagen um zehn Jahre. Auch die Schweiz vollzog einen Kurswechsel und strich das gesetzliche Verbot für AKW-Neubauten. Diese Entscheidungen setzen sowohl auf Versorgungssicherheit, als auch auf Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz – im Gegensatz zur aktuellen deutschen Linie.
Umweltökonom Manuel Frondel kritisiert den deutschen Atomausstieg scharf und fordert eine Rückkehr zur Kernenergie
Im Zuge der Abschaltung wandelte sich Deutschland vom Stromexporteur zum Nettoimporteur. Noch 2022 flossen im Monatsmittel mehr Strommengen ins Ausland als zurück. Ab Mai 2023 kehrte sich das Verhältnis jedoch um. Seither übersteigen die Stromimporte regelmäßig die Exporte, vor allem in sonnen- und windarmen Zeiten. Allein 2024 lag der Nettoimport bei rund 23,5 Milliarden Kilowattstunden. Ein Viertel dieses Stroms stammt aus ausländischer Atomkraft.
Was der Umweltökonom bemängelt
Der Umweltökonom Frondel betont vor allem die Rolle der Atomkraft bei Dunkelflauten. In Zeiten schwacher Einspeisung durch Wind und Sonne steigt die Abhängigkeit vom Ausland. So deckten Importe im Dezember 2024 und Januar 2025 bis zu 22 Prozent des Bedarfs. Parallel explodierten die Strompreise: An einzelnen Tagen lagen sie zehnmal über dem Normalwert.
Auch internationale Stimmen äußern Kritik. Friedrich Merz forderte ein Rückbau-Moratorium und sprach von einem „strategischen Fehler“. Fatih Birol, Chef der Internationalen Energieagentur, bezeichnete den deutschen Atomausstieg als historischen Irrtum. Beide plädieren für pragmatische Neubewertungen statt ideologischer Festlegungen.
Reaktoren technisch reaktivierbar
Eine Analyse der Radiant Energy Group zeigt: Bis zu neun Reaktoren könnten technisch und wirtschaftlich wieder ans Netz gehen. Die Anlage Brokdorf zum Beispiel blieb weitgehend unangetastet. Laut Blackout News ließe sie sich bereits Ende 2025 hochfahren – sofern Gesetzesänderungen erfolgen. Acht weitere Anlagen könnten schrittweise bis 2032 folgen.
Westinghouse bot schon 2022 kurzfristige Brennstofflieferungen an. Das Angebot steht weiterhin. Laut dem Verband Kerntechnik Deutschland ließe sich mindestens ein halbes Dutzend Reaktoren wieder in Betrieb nehmen. Die Kosten je Anlage lägen zwischen einer und drei Milliarden Euro. Fachleute aus Industrie und Forschung sehen hier realistische Optionen.
Der Umweltökonom fordert mehr Realitätssinn
Der Umweltökonom Frondel hält eine neue Debatte über Atomkraft für überfällig. Die Stilllegung bringe neue Risiken – etwa für Strompreise, Versorgungssicherheit und Netzstabilität. Eine Reaktivierung könnte nicht nur Engpässe entschärfen, sondern auch die Abhängigkeit von Stromimporten verringern. Laufzeitverlängerungen ließen sich technisch umsetzen, rechtlich ermöglichen und wirtschaftlich verantworten.
Auch staatliche Beteiligungen bieten Chancen. Würden bestehende Betreiber erneut einsteigen, bliebe die Verantwortung für Rückbau und Entsorgung klar geregelt. Beteiligte Akteure schlagen vor, einen Teil der Gewinne für Endlagerprojekte zu nutzen – ein Beitrag zu langfristiger Sicherheit.
CDU und SPD ignorieren dieses Potenzial bislang. Das jüngste Sondierungspapier erwähnt Atomkraft mit keinem Wort. Wähler, Unternehmen und Experten, die auf ein Umdenken gehofft haben, dürften enttäuscht sein.
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