Der März 2025 zeigt drastisch, wie wetterabhängig Deutschlands Stromversorgung noch immer ist. Obwohl die installierte Windkraftleistung in den letzten Jahren stark ausgebaut wurde, lieferte der vergangene Monat so wenig Windstrom wie seit 2016 nicht mehr. Kohle und Gas mussten erneut einspringen – mit gravierenden Folgen für Preise und Klimabilanz (focus: 02.04.25).
Ausbau trifft auf Stillstand
Deutschland hat seine Windkapazitäten an Land und auf See in den vergangenen Jahren vervielfacht. Der Zubau neuer Parks läuft auf Rekordniveau. Doch bei Flaute bleiben selbst Tausende zusätzliche Anlagen wirkungslos. Laut der Plattform „Energy Charts“ erzeugten Onshore-Anlagen im März nur 6,3 Gigawattstunden – der niedrigste Wert für diesen Monat seit neun Jahren. Offshore-Anlagen konnten die Lücke kaum ausgleichen.
Trotz stark ausgebauter Windkraftleistung fiel die Stromproduktion im März 2025 auf den niedrigsten Stand seit neun Jahren
Verantwortlich für diesen Rückschlag war ein außergewöhnlich stabiles Hochdruckgebiet. Solche Wetterlagen treten zwar unregelmäßig auf, können jedoch die gesamte Produktion tagelang lahmlegen. Mehr Anlagen ändern an diesem Effekt nichts – ohne Wind keine Energie.
Fossile Energien drängen zurück ins Netz
Mit dem Ausfall der Windkraft übernahmen fossile Kraftwerke wieder eine Hauptrolle. Braunkohle und Steinkohle kamen zusammen auf 28,4 Prozent der Stromerzeugung, Erdgas steuerte weitere 15,4 Prozent bei. Diese Rückbesinnung auf alte Energieträger hat ihren Preis: Der Strom an der Börse verteuerte sich spürbar. Der „Day Ahead“-Preis lag im März häufig bei über 100 Euro pro Megawattstunde – 30 Euro mehr als im Vorjahresmonat.
Der Ausbau der Windenergie schafft also keine Garantie für Versorgungssicherheit, wenn die Infrastruktur nicht Schritt hält und wetterbedingte Lücken nicht überbrückbar sind.
Bei Wind muss immer häufiger abgeregelt werden
Die Kehrseite: Wenn der Wind stark bläst, geraten viele Netze an ihre Belastungsgrenzen. Immer häufiger müssen Windkraftanlagen dann abgeregelt werden – obwohl sie Strom liefern könnten. Im dritten Quartal 2023 gingen über 1,7 Milliarden Kilowattstunden durch solche Maßnahmen verloren. Das entspricht der Jahresproduktion mehrerer mittlerer Windparks.
Diese Verluste treffen nicht nur Betreiber, sondern das gesamte Energiesystem. Ein immer größerer Teil der erzeugten grünen Energie bleibt ungenutzt. Der reine Ausbau von Kapazitäten reicht nicht aus, wenn Stromleitungen und Speicher fehlen.
Windkraft bleibt unzuverlässig
Bruno Burger vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme sieht darin ein strukturelles Problem: „Monate mit wenig Windstromerzeugung gibt es immer wieder mal.“ Die Statistik zählt seit 2015 bereits zehn Monate mit sehr niedriger Windausbeute. Burger warnt: „Windstrom ist nicht so zuverlässig wie Solarstrom.“ Bei nachlassender Windgeschwindigkeit breche die Produktion deutlich stärker ein als bei bedecktem Himmel im Solarsektor.
Solaranlagen liefern auch bei Wolken noch Strom, da sie die diffuse Sonnenstrahlung nutzen. Bei Windkraft entfällt dieser Puffer völlig – sobald Flaute herrscht, sinkt die Produktion fast auf null. Das macht die alleinige Abstützung auf Windkraft zu einem Risiko.
Speicher fehlen, Netzausbau hinkt
Zwar konnte der Solarstrom im März punkten: Mit 6,5 Gigawattstunden lag er erstmals über dem Wert der Windkraft an Land. Doch dieses Verhältnis ändert sich im Winter. Wenn Solaranlagen weniger liefern, bleibt der Wind die wichtigste erneuerbare Quelle – und versagt in Flautephasen regelmäßig.
Speicher und flexible Gaskraftwerke könnten diese Lücken überbrücken. Doch der Ausbau entsprechender Systeme kommt zu langsam voran. Auch das Stromnetz bleibt vielerorts überlastet. Die Folge: selbst bei gutem Wind müssen immer mehr Anlagen abgeschaltet werden.
Lesen Sie auch:
Stromnetz am Limit – Erneuerbare müssen immer öfter abgeregelt werden
Dunkelflauten weit häufiger als in den bisherigen Modellen abgebildet
Trotz Warnung des Rechnungshofs – RWE schaltet zum Monatsende 5 Kohlekraftwerke ab
Windkraft in Bedrängnis: Dunkelflauten treiben Betreiber in finanzielle Krise
Der Beitrag Tausende neue Windräder – und doch fast kein Strom: Schwächster März seit neun Jahren erschien zuerst auf .