Strom zählt zu den Grundbedürfnissen jeder modernen Gesellschaft. Dennoch zählt Deutschland zu den Ländern mit den höchsten Strompreisen weltweit. Der größte Teil des Endpreises fließt nicht in die Energieerzeugung, sondern in staatliche Abgaben und Steuern. Nur rund 43 Prozent entfallen auf die eigentliche Stromproduktion. Der Rest verteilt sich auf ein komplexes Netz von Umlagen und Gebühren (bild: 23.04.25).
Der Blick in die Stromrechnung offenbart ein System der Umverteilung
Mit der letzten Jahresabrechnung lieferte der Stromanbieter auch ein „Glossar“ mit. Es sollte dabei helfen, die Vielzahl der Begriffe und Zuschläge zu verstehen. Beim Versuch, Klarheit zu gewinnen, öffnete sich ein Labyrinth aus sieben verschiedenen Abgaben und Umlagen. Jede einzelne verteuert den Strom zusätzlich – und jede hat ihre eigene Logik.
Kosten für Strom- nur rund 43 Prozent entfallen auf die eigentliche Stromproduktion – mehr als die Hälfte sind Abgaben, Umlagen und Steuern
Zunächst fällt die Stromsteuer ins Auge. Sie verteuert jede verbrauchte Kilowattstunde direkt. Der aktuelle Satz liegt bei 2,05 Cent pro Kilowattstunde. Danach folgen die Netzentgelte – Gebühren, die anfallen, damit der Strom überhaupt zum Verbraucher gelangt. Sie betragen durchschnittlich 10,96 Cent pro Kilowattstunde.
Lokale Abgaben und industrielle Rabatte
An dritter Stelle steht die Konzessionsabgabe. Sie fließt an die Kommunen, weil Stromleitungen unter öffentlichen Wegen verlaufen. Durchschnittlich beträgt sie 1,67 Cent pro Kilowattstunde. Noch weniger bekannt ist die sogenannte §19-StromNEV-Umlage. Diese sorgt dafür, dass Großabnehmer von Strom, wie etwa Industriebetriebe, Rabatte erhalten. Die Differenz bezahlen alle übrigen Stromkunden gemeinsam – im Jahr 2025 etwa 1,558 Cent pro Kilowattstunde.
Auch der Begriff Blindleistung taucht in der Rechnung auf. Er beschreibt jenen Anteil des Stroms, der im Netz zirkuliert, aber keine nutzbare Energie liefert. Der Anteil steigt, wenn Strom aus Wind und Sonne unregelmäßig eingespeist wird. Die dadurch entstehenden Mehrkosten legt der Netzbetreiber auf alle Verbraucher um. Eine konkrete Bezifferung variiert, da sie stark vom regionalen Netz und der Einspeiselage abhängt.
Fernwärme, Windkraft und Offshore-Umlage
Ein weiterer Zuschlag ist die KWKG-Umlage, mit der die Kraft-Wärme-Kopplung unterstützt wird. Die Bundesregierung fördert damit die gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wärme. Finanziert wird das über die Stromrechnung aller Haushalte – derzeit mit 0,277 Cent pro Kilowattstunde.
Auch die Offshore-Netzumlage schlägt zu Buche. Sie kompensiert Betreiber von Windparks auf See, wenn es zu Verzögerungen beim Anschluss an das Netz kommt oder technische Störungen auftreten. 2025 liegt sie bei 0,816 Cent pro Kilowattstunde. Die Entschädigung fließt über die Stromrechnung direkt an die Betreiber zurück – selbst dann, wenn kein Strom produziert wird.
Die einstige EEG-Umlage, die lange Zeit als Haupttreiber für hohe Stromkosten galt, entfiel zwar. Doch die dadurch entstehende Finanzierungslücke stopft der Staat nun mit allgemeinen Steuermitteln. Am Ende bleibt die Belastung – nur die Buchungszeile hat sich verändert.
Mehrwertsteuer als zusätzliche Belastung
Zusätzlich zu allen genannten Kosten erhebt der Staat auf den gesamten Strompreis auch die Mehrwertsteuer. Der Satz beträgt 19 Prozent und gilt nicht nur für den Energiepreis selbst, sondern auch für alle Abgaben, Umlagen und Steuern. Diese Regelung führt zu einer „Steuer auf Steuern“, was die Stromkosten zusätzlich in die Höhe treibt. Bei einem durchschnittlichen Strompreis von etwa 39,8 Cent pro Kilowattstunde entfallen rund 6,35 Cent allein auf die Mehrwertsteuer.
Teure Energiewende – zulasten der Haushalte
Strom wird in Deutschland nicht nur teuer produziert, sondern auch teuer verteilt. Die eigentlichen Produktionskosten spielen nur eine untergeordnete Rolle. Für viele Verbraucher bedeutet das: Trotz sinkender Erzeugungskosten steigen die Endpreise weiter. Gleichzeitig trägt der Bürger die finanzielle Hauptlast der Energiewende – über die Stromrechnung wie auch über Steuern.
Die ursprüngliche Idee, Stromerzeugung marktwirtschaftlich zu organisieren, hat sich verflüchtigt. Inzwischen liegt die Steuerung fast vollständig in staatlicher Hand. Neue Umlagen entstehen, alte verschwinden oder tauchen an anderer Stelle wieder auf.
Am Ende bleibt eine Erkenntnis: Der Umbau der Energieversorgung bringt nicht nur ökologische, sondern auch massive wirtschaftliche Herausforderungen. Doch die Verantwortung dafür tragen nicht nur Politiker – sondern auch Millionen Stromkunden, die Jahr für Jahr immer tiefer in die Tasche greifen müssen.
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