Industrie kürzt Investitionen – Konjunkturschwäche bremst die grüne Transformation

Von | 17. Mai 2025

Klimafreundliche Projekte stehen in vielen Industriebetrieben weiterhin weit oben auf der Agenda. Doch die Transformation hin zu einer CO₂-armen Produktion gerät ins Stocken. Die jüngste EY-Studie zeigt: Viele Unternehmen überdenken ihre Strategien, da die Mittel für Investitionen in Nachhaltigkeit zunehmend knapper werden. Besonders die schwache Konjunktur zwingt Betriebe zu Einschränkungen – und das in einer Phase, in der eigentlich Tempo gefragt wäre (welt: 12.05.25).

Die grüne Transformation trifft auf Finanzierungsengpässe

In Branchen wie Stahl, Chemie oder Zement hat der Wandel bereits begonnen. Unternehmen setzen auf Direktreduktionsanlagen, neue Verfahren und Elektrifizierung. „Es gibt mittlerweile kein Unternehmen und keine Branche mehr ohne Dekarbonisierungsanstrengungen“, erklärt Simon Fahrenholz von EY. Doch trotz des grundsätzlichen Willens zur Veränderung fehlen zunehmend die Mittel. Eine sinkende Investitionsbereitschaft zeigt sich in mehr als der Hälfte der befragten Betriebe.

Investitionen stocken – der Industrie geht bei der grünen Transformation aufgrund der schwachen Konjunktur zunehmend das Geld aus

Zwar plant ein Großteil der Firmen weiterhin Ausgaben für klimafreundliche Technologien, doch diese fallen vielfach geringer aus als ursprünglich vorgesehen. Angesichts schwacher wirtschaftlicher Rahmenbedingungen bleibt oft nur der Rückzug auf kostengünstige Maßnahmen. 17 Prozent der befragten Unternehmen haben bereits konkrete Vorhaben zurückgestellt.

Energieeffizienz statt Strukturumbau

Die EY-Studie offenbart klare Prioritäten: Investitionen fließen vor allem in Maßnahmen, die sich rasch amortisieren. Umrüstung auf LED, Nutzung von Abwärme oder effizientere Technik in der Produktion stehen im Mittelpunkt. Auch Gebäudesanierungen und Fotovoltaik zählen zu den bevorzugten Optionen. Solche Maßnahmen verbinden CO₂-Reduktion mit kurzfristigen Einsparungen – ein entscheidender Faktor in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.

Die Transformation bleibt dadurch oft auf der Oberfläche. Zwar geben die Unternehmen durchschnittlich eine angestrebte Verbrauchsreduktion von 14 Prozent an, doch ohne strukturellen Wandel in der Produktion lässt sich langfristig kein echter Fortschritt erzielen. Einfachere Effizienzmaßnahmen reichen auf Dauer nicht aus.

Hohe Kosten bremsen tiefgreifende Transformation

Komplexere Projekte wie der Einsatz grünen Wasserstoffs, CO₂-Abscheidung oder digitale Steuerungssysteme geraten zunehmend ins Hintertreffen. Dabei wäre genau dort der größte Hebel für echte Veränderung. In der Zementindustrie etwa sollen neue Technologien helfen, den enormen CO₂-Ausstoß zu senken. Holcim errichtet dafür ein Werk mit CCU- und CCS-Technologie – allerdings nur mit Hilfe europäischer Fördergelder.

Die Finanzierungsfrage bleibt zentral. Laut EY ist sie die am häufigsten genannte interne Hürde für nachhaltige Projekte. Fahrenholz stellt klar: „Es braucht einen Business Case. Je teurer die Maßnahmen, desto mehr gilt: Die Investitionen müssen sich rechnen.“ Viele Unternehmen erwägen mittlerweile, Neuprojekte ins kostengünstigere Ausland zu verlagern.

Bürokratie und Unsicherheit ersticken Dynamik

Neben der Finanzlage belastet auch die Bürokratie die Transformation. 85 Prozent der befragten Unternehmen sehen in ihr die größte externe Hürde. Langsame Genehmigungsprozesse, unklare Zuständigkeiten und überbordende Vorschriften verhindern Fortschritt. Selbst einfache Projekte wie der Bau einer Fotovoltaikanlage scheitern oft an verwaltungsrechtlichen Hürden. Fahrenholz spricht von „Umsetzungsfrustration“ – vielen fehlt inzwischen die Kraft, Projekte durch das Genehmigungsdickicht zu führen.

Dazu kommt politische Unsicherheit. Regelwerke auf nationaler und EU-Ebene verändern sich zu schnell, um langfristige Planungen abzusichern. Großinvestitionen, die über Jahre wirken sollen, bleiben aus, weil Unternehmen nicht auf stabile Rahmenbedingungen vertrauen können. So bleibt der Wandel häufig Stückwerk.

Standort Deutschland verliert an Attraktivität

Auch Frank Liebold von Atradius warnt vor wachsender Standortschwäche. Gemeinsam mit Trendone analysierte sein Unternehmen die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands. Die Bilanz fällt ernüchternd aus: Die grüne Transformation habe als Impulsgeber an Schwung verloren. Fehlende Planbarkeit, unklare politische Strategien und mangelnder Schutz heimischer Märkte behindern Innovationen. Technologien wie Wasserstoff, E-Mobilität oder Wärmetechnik können sich kaum entfalten.

Zudem treffen hohe Energiekosten nicht nur Unternehmen, sondern auch Haushalte. Die Belastung dämpft Konsum, reduziert Investitionsbereitschaft und schwächt die Wettbewerbsfähigkeit. Der Rückstand bei der Umsetzung der Energiewende wird damit zur strukturellen Gefahr – für Wirtschaft, Arbeitsplätze und Klimaziele gleichermaßen. Nur mit klaren Rahmenbedingungen und effizienteren Verfahren lässt sich die dringend nötige Transformation vorantreiben.

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