Im April stiegen die Neuzulassungen von Elektroautos in Deutschland auf über 45.500. Das entspricht fast 19 Prozent Marktanteil. Auf den ersten Blick wirkt das wie ein Durchbruch. Doch die Realität für Privatpersonen sieht anders aus. Eine Analyse des Versicherers HUK Coburg, gestützt auf die Daten von 13 Millionen Kunden, offenbart: Der Höhenflug elektrischer Antriebe beruht fast ausschließlich auf gewerblichen Käufen. Für die Mehrheit der Privatpersonen spielt das E-Auto weiterhin kaum eine Rolle (welt: 15.05.25).
Gewerbe treibt, Privatpersonen zögern
Laut HUK Coburg entschieden sich im ersten Quartal 2025 nur vier Prozent der privaten Neuwagenkäufer für ein reines Elektroauto – exakt derselbe Wert wie im Vorjahr. Der Anteil im Privatbestand stagniert bei drei Prozent. Während Unternehmen auf Strom setzen, bleiben private Haushalte beim Verbrenner.
Elektroautos boomen, doch für Privatpersonen bleibt der Markt unattraktiv. Warum der Anstieg der Neuzulassungen täuscht
Zwei Drittel aller Neuwagenzulassungen entfallen inzwischen auf gewerbliche Halter. Besonders bei E-Autos fällt dieser Unterschied ins Gewicht. Elektroautos wurden zu 86 Prozent auf Firmen zugelassen. Dabei handelt es sich oft nicht um klassische Flottenkäufer, sondern auch um die Hersteller selbst und ihre Händler. Diese melden Fahrzeuge gezielt an, um ihre CO₂-Flottenwerte zu senken und Strafzahlungen zu vermeiden. Das sorgt für ein verzerrtes Gesamtbild, das mit dem Verhalten realer Käufer wenig zu tun hat.
Staatliche Vorteile treiben Firmenkäufe
Mit dem Auslaufen der Umweltprämie fehlen privaten Käufern direkte Anreize. Unternehmen profitieren hingegen weiterhin. Elektro-Dienstwagen unterliegen einer stark vergünstigten Besteuerung – das macht sie für Fuhrparks attraktiv. Constantin Gall von EY erklärt: „In Deutschland gibt es zwar die Umweltprämie nicht mehr, dafür stellt aber die sehr günstige Besteuerung von Elektro-Dienstwagen einen erheblichen Anreiz für Unternehmen dar.“
Die Bundesregierung kündigte zwar neue Vergünstigungen an, etwa Sonderabschreibungen oder Steuererleichterungen für gewerbliche Kunden. Doch verbindliche Förderungen für Privatpersonen lassen auf sich warten. Gall warnt: „Ohne staatliche Förderung würde der Absatz von Elektroautos in ganz Europa einbrechen.“
Hohe Risiken für Privatpersonen
Privatpersonen stehen zudem vor einem wirtschaftlichen Dilemma. Wer heute ein E-Auto kauft, trägt das volle Restwertrisiko. Kommt der Durchbruch, entwickelt sich die Technik rasant – ältere Modelle verlieren schnell an Wert. Bleibt der Erfolg aus, sinkt die Nachfrage und damit ebenfalls der Preis. In beiden Szenarien droht beim Wiederverkauf ein hoher Verlust. Wer jetzt ein Elektroauto erwirbt und in einigen Jahren verkaufen möchte, kann finanziell kaum gewinnen.
Hinzu kommt: Der Fokus vieler Fördermaßnahmen liegt auf Neuwagen, während die meisten privaten Haushalte gebrauchte Fahrzeuge bevorzugen. Im ersten Quartal 2025 entschieden sich laut HUK 61 Prozent der privaten Elektro-Käufer für ein gebrauchtes Fahrzeug. Ende 2023 lag der Anteil der Neuwagen in diesem Segment noch bei 74 Prozent.
Gebrauchtmarkt wächst – Vertrauen fehlt
Der Gebrauchtmarkt elektrischer Fahrzeuge wächst – doch die Skepsis bleibt. In einer Umfrage im Auftrag der HUK gaben 60 Prozent der Befragten an, beim Kauf eines gebrauchten E-Autos größere Bedenken zu haben als bei einem Verbrenner. Die Technik gilt als zuverlässig, doch das Bauchgefühl überwiegt. Jörg Rheinländer von der HUK bringt es auf den Punkt: „Entscheidend ist aber das Bauchgefühl der Menschen.“
Auch Imelda Labbé vom Verband der Autoimporteure sieht politischen Handlungsbedarf. Die fehlende Klarheit bei Förderprogrammen und Strompreisen bremse den Markt aus. Sie fordert: „Es brauche ein klares Startsignal für Fördermaßnahmen und die versprochene Strompreissenkung, damit Kaufinteressenten aus der Warteschleife kommen.“
Solange solche Rahmenbedingungen fehlen, bleiben Elektroautos vor allem ein Projekt für Unternehmen – strategisch motiviert, steuerlich belohnt. Für Privatpersonen dagegen überwiegt das Risiko – unabhängig davon, ob sich das E-Auto am Ende durchsetzt oder nicht.ge politische Klarheit und wirtschaftliche Sicherheit fehlen, bleibt der E-Auto-Boom ein Projekt der Flottenbetreiber – finanziell abgesichert und steuerlich begünstigt. Privatkunden hingegen tragen das volle Risiko – und das in beide Richtungen.
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