Europas Traum vom billigen Ökostrom entpuppt sich zunehmend als kostspielige Illusion. Politische Versprechen und ambitionierte Ausbauziele suggerieren eine Zukunft mit sauberer Energie zu niedrigen Preisen. Doch während Solar- und Windkraft massiv zugelegt haben, bleiben zentrale Voraussetzungen auf der Strecke. Veraltete Stromnetze, fehlende Speicherlösungen und unzureichende Investitionen bremsen den Fortschritt aus. Technische Probleme, wie der große Stromausfall auf der Iberischen Halbinsel, zeigen bereits heute, dass der Preis für die grüne Transformation weit höher ausfällt als bisher angenommen – sowohl wirtschaftlich als auch infrastrukturell (reuters: 09.06.25).
Zwischen grünem Aufbruch und teurer Illusion
Erneuerbare Energien legen in Europa rasant zu. Allein zwischen 2022 und 2024 kamen 168 Gigawatt Solar- und 44 Gigawatt Windkraft hinzu. In Großbritannien übertraf der Anteil erneuerbarer Stromquellen 2024 erstmals die 50-Prozent-Marke.
Die Illusion vom billigen Ökostrom bröckelt: Europas Energiewende scheitert an veralteten Netzen, Finanzlücken und politischen Hemmnissen
Doch die nötige Infrastruktur hinkt dramatisch hinterher. Kabel, Speicher und Umspannwerke wurden kaum ausgebaut. Laut EU-Kommission drohen bis 2030 über 50 Prozent der Niederspannungsleitungen zu veralten. Gleichzeitig stagnierte der Netzausbau. Prognosen gehen von einem Finanzbedarf von über 1,2 Billionen Euro bis 2040 aus – allein für Verteil- und Übertragungsnetze.
Blackout als Warnsignal für vernachlässigte Strukturen
Der flächendeckende Stromausfall in Spanien und Portugal am 28. April offenbart gravierende Schwächen. Zwei Solarparks gingen kurz vor dem Blackout vom Netz – und das System brach zusammen.
Die Ursache liegt nicht in der Energiequelle, sondern in der fehlenden Netzstabilität. Solar- und Windkraft liefern keine Inertia, also keine physikalische Trägheit, die Spannungsschwankungen ausgleichen kann. Konventionelle Kraftwerke bieten diese Reserve durch rotierende Generatoren. Neue Technologien wie Synchronkondensatoren oder Batteriespeicher könnten helfen – werden jedoch kaum genutzt.
Offshore-Träume, wirtschaftliche Illusion
Auch prestigeträchtige Offshore-Windprojekte geraten ins Wanken. Ørsted stoppte Anfang Mai Hornsea 4 – trotz 840 Millionen Dollar Investition. Materialpreise machten das Projekt unrentabel.
Kurz darauf setzte die Niederlande Ausschreibungen für zwei Offshore-Windparks aus. Interessenten blieben aus, da ohne Subventionen keine Wirtschaftlichkeit bestand. Großprojekte scheitern immer häufiger an finanzieller Realität und politischer Untätigkeit.
Weltweiter Trend: Stromnetze bleiben unterfinanziert
Global stieg die Investition in Stromnetze 2024 auf 390 Milliarden Dollar, meldet die IEA. Trotzdem sinkt der Anteil am Gesamtbudget. Früher flossen 60 Cent in Netze pro Dollar für neue Erzeugungskapazität – heute sind es weniger als 40.
Gerade in alternden Systemen wie in Europa droht ohne Gegensteuern eine Welle von Instabilitäten. Moderne Technologien allein reichen nicht, wenn das Rückgrat – das Netz – vernachlässigt wird.
Politische Kurzsicht verhindert langfristige Lösungen
Das eigentliche Problem liegt in der politischen Logik. Regierungen meiden Investitionen, die Strompreise erhöhen könnten. Gleichzeitig fordern Unternehmen Planbarkeit und Subventionen – sonst rechnet sich kaum ein Projekt.
Zwar fließen jährlich über 100 Milliarden Euro an fossile Subventionen, doch bei zukunftsfähiger Infrastruktur fehlt es an Mut und Strategie. Populismus und nationale Einzelinteressen erschweren nachhaltige Entscheidungen.
Am Ende bleibt die Illusion vom billigen, grünen Strom – sie zerplatzt an Technik, Kosten und Politik. Wer ernsthaft auf Klimaschutz setzt, muss bereit sein, massiv zu investieren.
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