Ukraine startet Fracking-Offensive – Schiefergas soll Europas Energiemarkt umkrempeln

Von | 15. Juni 2025

Nach dem massiven Einbruch der Gasproduktion durch russische Angriffe richtet die Ukraine ihren Blick auf eine alternative Energiequelle: Schiefergas. Die Regierung verfolgt ehrgeizige Pläne, die inländische Versorgung zu sichern und Europa als Exportmarkt zu gewinnen (telegraph: 09.06.25).

Strategische Neuausrichtung der Energiepolitik

Im Zentrum der neuen Strategie steht die Förderung von unkonventionellen Gasvorkommen in der Westukraine. Kiew strebt gezielt nach ausländischer Technologie und erfahrenen Partnern im Bereich der Tiefbohrtechnik. Ziel ist es, das enorme Potenzial des Landes rasch nutzbar zu machen. „Ukraine hat genug Vorkommen, um sich selbst zu versorgen und sogar Nettoexporteur zu werden“, heißt es aus Regierungskreisen.

Die Ukraine plant mit Fracking den Einstieg in den Gasexport – als Antwort auf russische Angriffe und zur Stärkung Europas Energiesicherheit

Die Maßnahmen laufen parallel zu einem Rohstoffabkommen, das im April zwischen Wolodymyr Selenskyj und Donald Trump geschlossen wurde. Dieses erlaubt den USA Zugriff auf verschiedene Bodenschätze der Ukraine – darunter Aluminium, Graphit, Erdöl und Erdgas.

Fracking als Gamechanger für Europa

Die Regierung rechnet damit, innerhalb von 18 Monaten nicht nur die nationalen Speicher wieder zu füllen, sondern auch Überschüsse zu erwirtschaften. Das Energieministerium verweist auf eine bestehende Infrastruktur, die bereits mit dem EU-Gasnetz verbunden ist. So ließe sich die Produktion zügig hochfahren.

Besonders das Oleska-Gebiet an der Grenze zu Polen steht im Fokus. Der Landesteil bietet laut einem hochrangigen Vertreter des Energieministeriums „bessere geologische Voraussetzungen als die polnische Seite“ – insbesondere wegen höherer Porosität und geringerem Tonanteil im Gestein. Dort vermutet man zwischen 0,8 und 1,5 Billionen Kubikmeter förderfähiges Schiefergas.

Eine Wende in der Gasstrategie könnte nicht nur die Abhängigkeit Europas von teurem Flüssigerdgas aus Übersee verringern, sondern auch die globalen Energiepreise deutlich entlasten. Denn aktuell sind die ukrainischen Speicher zu lediglich 7 Prozent gefüllt – ein dramatischer Kontrast zum EU-Durchschnitt von 50 Prozent.

Bürokratieabbau als Investorenmagnet

Trotz dieser Potenziale scheiterten frühere Großprojekte wie das von Chevron geplante Oleska-Vorhaben an der mangelnden Reformbereitschaft der damaligen Regierung. Der US-Konzern zog sich 2014 zurück, nicht wegen Sicherheitsbedenken, sondern wegen fehlender steuerlicher Anreize für Auslandsinvestitionen.

Inzwischen setzt die aktuelle Regierung auf ein entschlacktes Verfahren. Die Produktionsrechte am Oleska-Block wurden im April 2025 von der staatlichen Nadra Ukraine auf Ukrnafta übertragen. Der Schritt markiert eine strategische Wende: Obwohl Ukrnafta seit 2022 als Staatsunternehmen geführt wird, eröffnen gesetzliche Sonderregelungen neue Handlungsspielräume – selbst unter Kriegsrecht.

Internationale Allianzen im Fokus

Im Ausland bemüht sich Kiew um finanzkräftige Partner mit Risikobereitschaft. Regierungsvertreter reisten zuletzt zum Baku Energy Forum, um dort gezielt westliche Kapitalgeber und Technologieanbieter für das Schiefergasprojekt zu gewinnen.

Aus Sicht des Energieministeriums geht es nun darum, pragmatisch zu handeln und die Voraussetzungen für eine langfristige Energieautarkie zu schaffen. Auch die Versorgung Europas könnte davon profitieren – sowohl im Hinblick auf Energiesicherheit als auch bei der Preisgestaltung.

Sollte die Ukraine ihre Schiefergasreserven tatsächlich erschließen, ließe sich die Rolle des Landes als Transitstaat endgültig neu definieren. Ein solcher Schritt hätte nicht nur wirtschaftliche, sondern auch geopolitische Tragweite.

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