Im Märchenwald bei Kassel wächst kein Zauber mehr. Wo einst Dornröschen schlief und Rapunzel aus dem Turm blickte, wühlen heute Bagger tiefe Schneisen in die Erde. Der Reinhardswald, eines der letzten großen, zusammenhängenden Waldgebiete Deutschlands, fällt der Windkraftindustrie zum Opfer. Gewaltige Maschinen fällen alte Baumriesen, planieren Hänge und schütten Hunderte Tonnen Schotter auf empfindlichen Waldboden. Aus einer jahrhundertealten Natur- und Kulturlandschaft wird binnen weniger Monate eine industrielle Großbaustelle. Die Zerstörung ist unumkehrbar – und geschieht unter dem Deckmantel der Energiewende, obwohl weder die regionale Bevölkerung noch der Natur- noch der Denkmalschutz Einfluss nehmen konnten. Ein einzigartiges Ökosystem weicht einem Projekt, das mit Nachhaltigkeit wenig zu tun hat (bild: 12.06.25).
Märchenwald wird zur Industriefläche
Wo einst Märchenfiguren lebten, toben heute Baumaschinen. Der Reinhardswald, Sinnbild deutscher Romantik, verwandelt sich in eine gigantische Windkraftbaustelle. Sandberge und Schotter ersetzen die verwunschenen Pfade. 18 Windräder mit einer Höhe von 244 Metern prägen künftig das Bild.
18 Windräder zerstören den Märchenwald bei Kassel: Der Reinhardswald wird zur Industriefläche – Natur, Kultur und Geschichte gehen verloren
Rotorblätter so groß wie Flugzeuge, massive Fundamente aus Beton – die Dimensionen lassen jede Vorstellung von Naturverträglichkeit verblassen. „Nichts von dem, was hier gerade im Reinhardswald geschieht, lässt sich auch nur ansatzweise mit dem vergleichen, was man vielleicht vom Bau einer Windanlage auf einem Acker an der Autobahn vor Augen hat“, so Oliver Penner vom Aktionsbündnis Märchenland.
Tiefe Einschnitte in Natur und Landschaft
Die charakteristische Mittelgebirgsstruktur des Märchenwalds eignet sich kaum für schwere Technik. Höhenunterschiede erfordern massive Eingriffe: Aufschüttungen bis zu fünf Metern, Abgrabungen ebenso tief, um Platz für Trassen und Kranflächen zu schaffen.
Anwohner berichten von einer entfremdeten Landschaft. Was einst ein Naturjuwel war, wirkt nun wie ein Industriegebiet. Die sieben umliegenden Gemeinden protestieren geschlossen. Hunderte Bürger haben sich organisiert. Doch Eigentümer der Flächen ist das Land Hessen – Volksentscheide bleiben ausgeschlossen.
Protest ohne Wirkung
Trotz laufender Gerichtsverfahren schreitet der Bau ungebremst voran. 140.000 Tonnen Schotter bedecken bereits Teile des Waldes, erste Windradfundamente stehen. Die juristischen Einwände liegen seit 2022 ohne Entscheidung vor. Derweil gehen die Bauarbeiten weiter – schneller als erwartet.
Der Widerstand ähnelt einem Kampf gegen Windmühlen. Politik und Investoren handeln, während Kultur- und Naturerbe verloren gehen. Die Symbolkraft des Projekts ist deutlich: Technokratie siegt über Heimatverbundenheit.
Aus dem Märchenwald wird ein Mahnmal
Der Märchenwald in Nordhessen stirbt nicht durch Naturkatastrophen, sondern durch planvolle Veränderung. Die Erzählungen der Brüder Grimm verlieren ihren Ursprung. Was Generationen geprägt hat, verschwindet unter Schotter und Stahl. Romantik weicht Realpolitik. Märchenhafte Bilder existieren nur noch auf Postkarten. Die Realität aber ist laut, staubig und unumkehrbar.
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