Patienten sollen mehr zahlen – Krankenkassen drohen Milliardenverluste

Von | 19. Juli 2025

Die gesetzlichen Krankenkassen stehen unter massivem Druck. Patienten sollen künftig deutlich höhere Kosten selbst tragen. Experten fordern ein neues Finanzierungsmodell, um einen Beitragsschock zu verhindern (tagesspiegel: 15.07.25).

Mehr Eigenbeteiligung der Patienten gefordert

Gesundheitsökonom Jürgen Wasem von der Universität Duisburg-Essen kritisiert, dass die Kassen noch fast alle Arzneimittelkosten übernehmen. „Es gibt 8000 Krankheiten. Aber bisher sind nur sechs oder sieben auf der Liste, bei denen die Medikamente nicht von den Kassen übernommen werden, unter anderem Erkältungserkrankungen.“ Er fordert eine konsequente Überprüfung der Erstattungsliste. Auch Zuzahlungen müssten steigen. „Die Rezeptgebühr und zehn Euro Krankenhaus-Zuzahlung sind seit 20 Jahren nicht mehr erhöht worden. Auch da müsste die Politik ran.“

Patienten sollen mehr zahlen, um Krankenkassen zu entlasten. Experten fordern höhere Eigenanteile und tiefgreifende Strukturreformen

Andreas Gassen von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung warnt vor falschen Erwartungen. Der medizinische Fortschritt sei enorm, aber teuer. Patienten müssten sich stärker an den Kosten beteiligen, um das System zu entlasten.

Beitragserhöhungen treffen Patienten und Arbeitgeber

Laut Medienberichten könnte 2027 ein Defizit von zwölf Milliarden Euro entstehen. Ohne Gegenmaßnahmen steigen die Beiträge um bis zu 0,8 Prozentpunkte. Das belastet sowohl Patienten als auch Arbeitgeber. Bei einem Bruttogehalt von 2000 Euro entstehen Mehrkosten von bis zu acht Euro monatlich – also 96 Euro im Jahr.

Der GKV-Spitzenverband warnt bereits seit Juli vor einer gefährlichen Entwicklung. Vorstandschef Oliver Blatt macht deutlich, dass die Ausgaben schneller wachsen als die Einnahmen. Kliniken verzeichnen ein Kostenplus von fast zehn Prozent, Arztpraxen rund sieben Prozent und Medikamente über sechs Prozent. Hoffnung auf ein wirtschaftliches Aufblühen hält Blatt für unrealistisch.

Staatliche Hilfen ohne nachhaltige Wirkung

Die Bundesregierung will mit Krediten gegensteuern. Neben dem regulären Zuschuss von 14,5 Milliarden Euro sollen zwei neue Darlehen gewährt und ein altes später zurückgezahlt werden. So ließe sich die Finanzierungslücke für 2026 etwas mildern. Laut Gesundheitsministerium reicht das aber nicht aus, um Beitragserhöhungen abzuwenden. GKV-Chef Blatt kritisiert die Pläne als „politische Augenwischerei“.

Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) setzt auf weitere Mittel im Haushalt 2025. Den SPD-Vorschlag zur Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze lehnt sie ab. Eine solche Maßnahme träfe auch mittlere Einkommen. „Auch Facharbeiter würden einige Hundert Euro mehr im Jahr dann zahlen müssen“, betont sie im ARD-„Morgenmagazin“.

Strukturreformen bleiben überfällig

Wirtschaftsweise Monika Schnitzer fordert zusätzliche strukturelle Maßnahmen. Die beitragsfreie Mitversicherung von Ehepartnern solle entfallen. Dadurch lasse sich der Anreiz verringern, dauerhaft im Minijob zu bleiben. Zugleich würden die Beitragseinnahmen steigen.

Der GKV-Spitzenverband fordert eine klare Regel: Die Ausgaben dürfen das Einnahmewachstum nicht übersteigen. Für dieses Jahr ergibt sich daraus eine Obergrenze von 5,1 Prozent. Ohne ein solches Korrektiv gerät das System aus dem Gleichgewicht.

Patienten im Zentrum der Debatte

Die steigenden Kosten und strukturellen Defizite zeigen: Patienten stehen nicht nur im Mittelpunkt der Versorgung, sondern auch im Zentrum der Finanzreform. Ohne ein tragfähiges Gesamtkonzept drohen Beitragsexplosionen und Leistungskürzungen. Die Uhr tickt.

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