Von wegen aufkommensneutral – Grundsteuer-Reform treibt Abgaben nach oben

Von | 27. August 2025

Die Grundsteuer sollte eigentlich neutral bleiben, doch viele Kommunen in Niedersachsen heben ihre Hebesätze spürbar an. Eigentümer und Mieter zahlen nun deutlich mehr, obwohl die Reform ursprünglich keine versteckte Steuererhöhung versprochen hatte. Besonders kleine Gemeinden nutzen die Anpassung, um ihre Haushalte zu stabilisieren, was die Kritik an der Reform verstärkt (welt: 21.08.25).

Jede dritte Kommune erhöht die Grundsteuer

Laut Bund der Steuerzahler haben 298 Kommunen in Niedersachsen den aufkommensneutralen Hebesatz überschritten. Das betrifft 32 Prozent der Städte und Gemeinden. „Dadurch müssen sowohl Haus- und Grundstückseigentümer als auch Mieter vielerorts deutlich höhere Grundsteuern zahlen als noch im Vorjahr“, heißt es in einer Erklärung mehrerer Verbände. Die Wohnkosten steigen damit weiter, obwohl gerade die Nebenkosten schon viele Haushalte belasten.

Grundsteuer-Reform – in Niedersachsen verlangt fast jede dritte Kommune mehr Geld – höhere Nebenkosten belasten Bürger

Auch Immobilienwerte spielen eine Rolle. Durch die bundesweite Neubewertung erhöht sich die Grundsteuer für manche Grundstücke, während andere entlastet werden. Dennoch sehen Experten eine deutliche Welle an Anhebungen. „Auffällig dabei: Vor allem kleine Gemeinden mit weniger als 3000 Einwohnern langen bei Immobilienbesitzern stärker zu“, erklärt Jan Vermöhlen vom Bund der Steuerzahler.

Wietzendorf als Beispiel steigender Wohnkosten

Im Fokus steht Wietzendorf in der Lüneburger Heide. Hier lag der neutrale Hebesatz bei 260 Punkten, festgesetzt wurden aber 580. Stadtkämmerin Inga Hestermann betont, dass nicht die Reform das Problem darstellt. „Die Kosten sind im vergangenen Jahr regelrecht explodiert, und das liegt im Grunde genommen ausschließlich an zusätzlichen Aufgaben, die uns die Landespolitik erteilt.“

Kita-Finanzierung, Integrationsaufgaben und steigende Personalkosten treiben die Ausgaben. Dazu verlangt der Landkreis höhere Umlagen, was die Gemeinde zusätzlich belastet. Vier der zehn stärksten Anhebungen finden sich im Heidekreis, weitere im Landkreis Oldenburg. Damit zeigt sich, dass nicht nur Immobilienbesitzer, sondern auch Mieter unter den gestiegenen Wohnkosten bzw. Nebenkosten leiden.

Kritik an fehlender Transparenz

Der Verband der Wohnungswirtschaft hält die Versprechen der Politik für gescheitert. Direktorin Susanne Schmitt urteilt: „Die Aufkommensneutralität war eine Märchenerzählung.“ Das Problem liege im undurchsichtigen Verfahren und in unklaren Vorgaben. Ohne zentrale Register wie in Nordrhein-Westfalen entstand in Niedersachsen ein regelrechter Wildwuchs.

Vermöhlen ergänzt: „Insbesondere die Bürgerinnen und Bürger, die dieses Jahr eine höhere Grundsteuer entrichten sollen als im Vorjahr, können nicht überall problemlos nachvollziehen, ob die Mehrbelastung aus der Umstellung der Berechnungsmethode oder einer Steuererhöhung ihrer Gemeinde resultiert.“ So trifft die Reform auch Menschen, die ohnehin mit steigenden Nebenkosten und hohen Wohnkosten kämpfen.

Kommunale Finanzen im Krisenmodus

Neben der Debatte um die Grundsteuer belasten Kommunen immer neue Aufgaben. Spitzenverbände warnen vor einer „dramatischen Finanzkrise“. Besonders die Sozialausgaben steigen jährlich um rund zehn Prozent. Ohne zusätzliche Einnahmen drohen Einschnitte bei Infrastruktur, Kitas und Schulen.

Christian Schuchardt vom Deutschen Städtetag beschreibt den Druck: „Dadurch, dass sich nun die Finanzlage vor Ort so dramatisch verschlechtert hat, ist nicht auszuschließen, dass zahlreiche Städte sich in ihrer Not gezwungen sehen, unabhängig von der Novellierung der Grundsteuer, das Aufkommen der Grundsteuer in den kommenden Jahren zu erhöhen.“

Uneinheitliches Bild bundesweit

Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen für 2024 ein Plus von 3,8 Prozent bei den Grundsteuereinnahmen. Damit flossen 15,6 Milliarden Euro in die kommunalen Kassen. Auf Bundesebene bleibt die Lage also relativ stabil. Doch in vielen Gemeinden explodieren die Wohnkosten weiter.

Immobilienwerte, Hebesätze, Nebenkosten und die generelle Finanzkrise der Kommunen verbinden sich zu einer kritischen Entwicklung. Für Eigentümer wie für Mieter bedeutet die Grundsteuer-Reform in Niedersachsen vor allem eines: steigende Kosten und wachsende Unzufriedenheit.

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