Zwischen Gräfenhainichen und dem Muldestausee eskaliert ein Konflikt über neue Windkraftanlagen. Sachsen-Anhalt plant einen massiven Windkraftausbau, um die Klimaziele zu erreichen. Doch viele Anwohner lehnen die 250 Meter hohen Türme strikt ab, sie befürchten einen Wertverlust bei ihren Immobilien und schlaflose Nächte aufgrund des Geräuschpegels . Bürgermeister suchen zur Erreichung der Klimaziele deshalb nach Flächen, die möglichst wenig Ärger bringen. Trotzdem verschärft jede Entscheidung den Konflikt mit den Nachbarn, wie der Streit in Schköna zeigt (mdr: 21.08.25).
Protest im Heidedörfchen Schköna
Im kleinen Ortsteil Schköna prangen Banner an den Häusern. Darauf steht: „Gegen den Windpark in der Dübener Heide“. Obwohl die Stadt Gräfenhainichen dort keinen Ausbau vorsieht, befürchten viele Bürger massive Eingriffe. Denn die Nachbargemeinde Muldestausee plant den Bau eines Windparks im Waldgebiet von Schmerz. Dieses Vorhaben treibt den Anwohnerprotest an und spaltet die Region.
Konflikt um Windkraftausbau: Bürgerinitiative warnt vor „horrendem Wahnsinn“, Anwohnerprotest wegen Wertverlust und schlaflosen Nächten
Schköna träfe die Pläne unmittelbar. Sylvia Schliefke, frühere Mitarbeiterin der Heideschule, lehnt die Projekte klar ab. „In den Wald gehören doch keine Windräder. Er ist für die Tiere da, er ist ein Ort der Erholung. Das ist unsere Natur, die wir nicht aufs Spiel setzen dürfen.“ Ihre Worte spiegeln die Sorge vieler Menschen, die den Wald als unersetzliches Gut ansehen.
Bürgermeister verteidigt den Windkraftausbau
In Muldestausee stößt diese Kritik auf wenig Resonanz. Bürgermeister Ferid Giebler betont gesetzliche Vorgaben zur Erreichung der Klimaziele. „1,9 Prozent unserer Fläche müssen bis 2027 mit Windrädern belegt werden. Machen wir das nicht, dann kann jeder Landwirt oder Forstwirt Windräder aufbauen und wir können nichts machen.“ Für ihn bedeutet der Windkraftausbau nicht nur Pflicht, sondern auch Chance für Einnahmen. Der Konflikt zwischen ökonomischen Interessen und Natur bleibt damit bestehen.
Unterstützung erhält Giebler von Gerald Weigt, Chef der Forstbetriebsgemeinschaft. Er vertritt über 40 Waldbesitzer. „Wir haben einen geschädigten Kiefernwald, der zu einem nachhaltigen klimaresistenten Mischwald umgebaut werden muss. Und das schaffen wir als kleine Waldbesitzer nicht.“ Finanzielle Mittel aus Windkraft könnten diesen Umbau sichern und gleichzeitig den Klimazielen dienen.
Bürgerinitiative warnt vor „horrendem Wahnsinn“
Anders denkt Mario Liebe aus Burgkemnitz, Mitglied der Initiative „Gegenwind Dübener Heide“. „Das ist kein toter Wald, das ist keine Monokultur. In diesem Bereich solch ein Projekt zu realisieren, ist horrender Wahnsinn.“ Sein Einsatz zeigt, wie stark der Anwohnerprotest gegen den Windkraftausbau wächst.
Liebe lebt selbst nur einen Kilometer vom Windpark Zschornewitz entfernt. Dort ersetzten vier moderne Anlagen acht alte Türme. „Wir wohnen 980 Meter entfernt. Wir haben, sofern es die Windgeschwindigkeit hergibt, nächtliche Schall-Emissionen von 50 Dezibel. Da helfen keine dreifach verglasten Fenster und keine dicken Mauern. Sie können nachts nicht mehr schlafen.“ Für ihn steht fest: Gesundheit und Wertverlust der Immobilien wiegen schwerer als jede Rendite.
Konflikt um Wertverlust von Häusern
Auch Sabine Kaufmann aus Burgkemnitz bestätigt diese Sicht. Viele Nachbarn leiden unter Schlafstörungen, während die Landschaft erheblich beeinträchtigt sei. „Jeder, der sich den Traum vom Eigenheim verwirklicht hat, sieht sich durch diese Windkraftanlagen benachteiligt. Die Grundstücke und Häuser verlieren durch den Lärm an Wert, und die Gesundheit der Anwohner ist ebenfalls gefährdet.“ Damit wächst der Anwohnerprotest weiter.
Doch bei diesem Konflikt prallen die Zuständigkeiten aufeinander. Für den Ausbau des Windparks Zschornewitz ist nicht Muldestausee, sondern die Stadt Gräfenhainichen zuständig. Bürgermeister Enrico Schilling (CDU) verweist auf regionale Absprachen. Bestehende Windparks sollen modernisiert werden, anstatt ständig neue Flächen zu erschließen.
Konflikte nehmen in den kommenden Jahren zu
Schilling stellt klar, dass kein Bürgermeister allein Standorte verschieben könne. Dennoch räumt er ein: „Natürlich ist es so, wenn man Abstandsflächen von 1.000 Metern zur Wohnbebauung einhalten muss, dass man immer an den Rand einer Gemarkung einer Stadt, einer Gemeinde kommen wird. Das liegt in der Natur der Sache.“ Hier zeigt sich erneut, wie Konflikt und Windkraftausbau eng miteinander verbunden sind.
Bis 2027 planen die Landkreise Wittenberg, Anhalt-Bitterfeld und Dessau-Roßlau 32 Vorranggebiete. Auf rund 7.000 Hektar entsteht neuer Raum für Windkraftanlagen. Die Politik will damit die Klimaziele absichern, doch der Anwohnerprotest und die Angst vor Wertverlust lassen neue Auseinandersetzungen unausweichlich erscheinen.
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