Frustriert von Deutschland – Stihl legt Fokus für Investitionen auf USA

Von | 22. Juli 2024

Die Kettensägen von Stihl haben in den USA Kultstatus erreicht. Der deutsche Mittelständler investiert dort weiter Millionen, da die Bedingungen in Deutschland zunehmend schwieriger sind. Die Amerikaner empfangen Stihl mit offenen Armen, während die Herausforderungen in der Heimat wachsen (welt: 17.07.24).

Stihl erobert Amerika: Warum der deutsche Kettensägen-Hersteller dort Milliarden verdient

Auf Governors Island, nahe der New Yorker Skyline, ist es nun auffallend ruhig. Früher dröhnten Motorengeräusche aus den Parks, doch nun herrscht Stille. Stihl spendete der Insel neue Akku-Geräte wie Rasenmäher, Trimmer und Laubbläser im Wert von 45.000 Dollar. Clare Newman, die Chefin der Stiftung, zeigte sich dankbar und betonte, dass die Grünflächen nun leise gepflegt werden können.

Stihl legt Fokus auf USA – Bürokratiekosten, Steuern und Arbeitszeiten seien in anderen Ländern deutlich günstiger

Solche Aktionen haben Stihl in den USA populär gemacht. Die Kettensägen des Unternehmens sind Kultobjekte, und die von Stihl gesponserten Holzfällerwettbewerbe begeistern Millionen von Fans. Nikolas Stihl, der Unternehmenspatron, kritisiert die schwieriger werdenden Bedingungen in Deutschland, die vor allem politischer Natur sind. Vor 50 Jahren begann der Aufstieg von Stihl in den USA mit einem Werk in Virginia Beach. Heute ist es der größte Produktionsstandort der Gruppe mit über 275 Modellvarianten, wobei 61 Prozent der Materialien lokal beschafft werden.

Ein zentraler Erfolgsfaktor ist die Vertriebsstrategie: Stihl verkauft seine Geräte nicht über große Baumarktketten, sondern über geschulte Fachhändler. In besiedelten Gebieten ist stets ein Händler in der Nähe. Geschäftsführer Michael Traub betont: „Das Produkt ist immer nur so gut wie der Service.“ Obwohl die Geräte teurer als Baumarktmodelle sind, sind die Amerikaner bereit, diesen Preis zu zahlen. Zwei Milliarden Euro des Gesamtumsatzes von 5,3 Milliarden Euro werden in den USA erzielt.

Stihl-Chef erhält prestigeträchtigen Award: Tradition und Innovation in USA gefeiert

Die Beliebtheit der Geräte zeigte sich auch in der vergangenen Woche, als Nikolas Stihl in New York den „Global Leadership Award“ der Johns Hopkins University erhielt. Das Preiskomitee lobte ihn für die Kombination aus Tradition und Innovation, die Stihl in den USA so erfolgreich gemacht hat. Die Auszeichnung stellt ihn in eine Reihe mit Persönlichkeiten wie Angela Merkel und Christian Sewing. Chuck Leavell, Keyboarder der Rolling Stones und Freund der Unternehmerfamilie, spielte bei der Preisverleihung einige Lieder.

Martin Richenhagen, deutscher Ex-Manager und Wahlamerikaner, hob in seiner Laudatio die Wertschätzung der Amerikaner für unternehmerische Leistungen hervor. Kaufmännische Leistung werde dort nicht dämonisiert, eine Spitze gegen die deutsche Wirtschaftspolitik. Nikolas Stihl kritisierte offen die deutsche Politik und erklärte, dass Investitionen in neue Fertigungsstätten in Deutschland in den nächsten fünf Jahren nicht geplant seien. Bürokratiekosten, Steuern und Arbeitszeiten seien in anderen Ländern, wie der Schweiz oder den USA, deutlich günstiger.

Stihl setzt auf Elektropower: Millioneninvestition in die Zukunft der Akkumaschinen

Stihl plant eine umfassende Transformation hin zu Elektrogeräten und investiert bis 2025 mindestens 60 Millionen Dollar in die Produktion von Akkumaschinen. Das Ziel ist ehrgeizig: Bis 2027 soll der Absatzanteil von Akkugeräten auf mindestens 35 Prozent steigen, bis 2035 sogar auf 80 Prozent. Gleichzeitig bleibt das Unternehmen dem Verbrenner-Geschäft treu, da es weiterhin Einsatzbereiche für benzinbetriebene Maschinen gibt.

Diese Strategie ist auch ein Zugeständnis an die konservative Kundschaft in den USA, die der Elektrifizierung skeptisch gegenübersteht. Stihl hat sogar einen eigenen Extremsport, die Timbersports, etabliert, bei dem sich Männer und Frauen an Axt und Kettensäge messen. Zuletzt verfolgten weltweit über 20 Millionen Menschen diese Wettbewerbe.

Besonders im Jahr der US-Präsidentschaftswahl könnte die konservative Kundschaft Stihl zu einem Balanceakt zwingen. Der mutmaßliche Kandidat der Republikaner, Ex-Präsident Donald Trump, ist besonders bei der Landbevölkerung beliebt. Nikolas Stihl machte keinen Hehl aus seiner Ablehnung gegenüber Rechtspopulisten und kritisierte die AfD scharf. In den USA äußert er sich jedoch zurückhaltender, um sich nicht in die amerikanische Politik einzumischen.

Auf Governors Island sorgen die gespendeten Akku-Geräte für leise Töne, und weitere Parks sollen folgen. Das Unternehmen plant, in Zukunft ähnliche Partnerschaften zu etablieren.

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