Digitale Identität für alle – CDU und SPD wollen verpflichtendes Bürgerkonto einführen

Von | 18. April 2025

Die neue Koalition aus CDU/CSU und SPD plant einen radikalen Schritt in Richtung digitaler Verwaltung. Ein verpflichtendes Bürgerkonto für rund 80 Millionen Menschen soll Verwaltungsprozesse vereinfachen und Papierkram überflüssig machen. Der Ansatz verspricht mehr Effizienz, Transparenz und Bürgernähe – und setzt vollständig auf digitale Abläufe (merkur: 15.04.25).

Automatisierte Leistungen statt Antragschaos

Kern des Vorhabens bildet das sogenannte antragslose Verfahren. Statt Formulare auszufüllen, sollen Leistungen künftig automatisch starten. Ein Beispiel: Nach der Geburt eines Kindes erfolgt der Bescheid über das Kindergeld direkt – ohne Antrag, ohne Wartezeit.

Die neue Bundesregierung plant ein verpflichtendes Bürgerkonto mit digitaler Identität für alle. Ziel ist eine papierlose Verwaltung
Photo by INA FASSBENDER / AFP

Die Verwaltung orientiert sich dabei an konkreten Lebensereignissen. Insbesondere bei standardisierten Sozialleistungen lassen sich durch digitale Prozesse erhebliche Erleichterungen erzielen. Auch Unternehmen sollen von einer zentralen Plattform profitieren, auf der alle Behördengänge digital abgebildet sind.

Zentrale Plattform und digitale Identität

Technische Grundlage bildet ein One-Stop-Shop, der sämtliche Verwaltungsdienste bündelt. Jede Person erhält dazu ein persönliches Bürgerkonto sowie eine digitale Identität – beides verpflichtend. Dadurch können Leistungen zielgenau und ohne manuelle Beantragung bereitgestellt werden.

Zusätzlich soll ein EUDI-Wallet eingeführt werden, eine digitale Brieftasche für Bürger, Unternehmen und Vereine. Diese ermöglicht sichere Authentifizierung, Identifikation und Bezahlung innerhalb der gesamten EU. Selbstständige und Unternehmen erhalten spezielle Zugänge – mit dem Ziel, eine Firmengründung in nur 24 Stunden zu ermöglichen.

Datenschutz bleibt Schwachstelle

Die Idee klingt vielversprechend, bringt aber auch Herausforderungen. Zentral gespeicherte Daten bieten ein attraktives Ziel für Cyberangriffe. Jüngste Attacken auf das Arbeitsamt zeigen, wie verwundbar digitale Systeme sein können. Sicherheit und Datenschutz müssen daher höchste Priorität erhalten.

Ein weiteres Problem liegt in der digitalen Kluft. Ältere Menschen oder technisch weniger versierte Personen könnten Schwierigkeiten mit der verpflichtenden Nutzung bekommen. Auch die Sorge um den Schutz persönlicher Daten dürfte für Kritik sorgen. Der digitale Zugang zur Verwaltung erfordert Vertrauen – und klare gesetzliche Regelungen.

Großer Plan, unklare Umsetzung

„Nach der Geburt eines Kindes soll automatisch ein Bescheid über das Kindergeld zugestellt werden.“ Dieser Satz spiegelt den Anspruch der Regierung wider. Doch wie sich die ambitionierten Ziele umsetzen lassen, bleibt offen. Die technische Infrastruktur für ein Projekt dieser Größenordnung fehlt bislang.

Zudem gehört Deutschland in puncto Digitalisierung noch immer zu den europäischen Schlusslichtern. Frühere Großprojekte zeigen, wie schwer es fällt, digitale Prozesse flächendeckend einzuführen. Das geplante Bürgerkonto besitzt großes Potenzial – doch ob der Wandel zur modernen Verwaltung gelingt, hängt an der konkreten Umsetzung.

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