Die Zahl ausländischer Investitionen sinkt das dritte Jahr in Folge – ein deutliches Zeichen für die nachlassende Standortattraktivität Deutschlands. Laut der staatlichen Wirtschaftsförderagentur Germany Trade & Invest (GTAI) gingen 2024 nur noch 1.724 Neuansiedlungen und Erweiterungen ein. Im Jahr zuvor waren es 1.759, 2022 noch 1.783. Der kontinuierliche Rückgang zeigt: Der Wirtschaftsstandort verliert an internationaler Zugkraft, obwohl einige Großprojekte für hohe Summen sorgen (ntv: 12.05.25).
Standortattraktivität gerät ins Wanken
Trotz eines Investitionsvolumens von 23,2 Milliarden Euro bleibt die Entwicklung problematisch. Während die Summen durch einige Großprojekte gestützt werden, schrumpft die Zahl der Vorhaben stetig. Ein funktionierender Wirtschaftsstandort benötigt jedoch nicht nur Leuchtturmprojekte, sondern eine breite industrielle Investitionsbasis. „Allein sieben Projekte haben ein Volumen von jeweils mehr als 500 Millionen Euro“, so GTAI-Geschäftsführer Robert Hermann. Doch solche Ausnahmeprojekte können die schwindende Breite nicht ausgleichen.
Auch der europäische Vergleich spricht eine deutliche Sprache. Zwar gingen die ausländischen Investitionen europaweit um 4,6 Prozent zurück, doch Deutschlands Rückgang fällt mit Blick auf die wirtschaftliche Gesamtlage besonders ins Gewicht. Hohe Energiekosten, überbordende Regulierung und Unsicherheit über politische Rahmenbedingungen belasten die Standortattraktivität spürbar.
Dominanz der US-Konzerne
Auffällig bleibt die starke Präsenz amerikanischer Technologieunternehmen. Amazon investiert 8,8 Milliarden Euro in die Cloud-Infrastruktur von AWS im Rhein-Main-Gebiet sowie 1,2 Milliarden Euro in Logistik, Robotik und zentrale Unternehmensfunktionen. Microsoft stellt 3,2 Milliarden Euro für KI-Infrastruktur und Cloud-Kapazitäten bereit. Apple baut seinen Münchner Forschungsstandort weiter aus.
Seit drei Jahren in Folge sinken die ausländischen Investitionen – ein klares Zeichen für die abnehmende Standortattraktivität Deutschlands
Diese milliardenschweren Einzelprojekte täuschen über einen grundlegenden Strukturwandel hinweg. Insgesamt entfallen 229 Projekte auf Investoren aus den USA. Dahinter folgen die Schweiz (202 Projekte), China (199), Großbritannien (137) und die Niederlande (97). Doch viele dieser Projekte sind kleiner dimensioniert, und der Mittelstand aus dem Ausland bleibt weitgehend fern.
Enger Fokus auf Zukunftsbranchen
Inhaltlich konzentrieren sich die Investitionen auf Digitalisierung (17 Prozent), Energie und Ressourcen (16 Prozent) sowie Elektronik und Automatisierung (15 Prozent). Diese Sektoren versprechen zwar Zukunftsfähigkeit, doch der industrielle Kern bleibt dabei oft unberührt. Ein breites Engagement in Produktion, Maschinenbau oder Chemie fehlt zunehmend – mit spürbaren Folgen für Beschäftigung und Innovationskraft.
Zwar melden die Investoren rund 31.000 neue Arbeitsplätze, doch belastbare Daten liegen nur teilweise vor. Viele Unternehmen machen keine konkreten Angaben zur Zahl geplanter Jobs. Damit bleibt unklar, inwieweit die Investitionen tatsächlich zur Stabilisierung des Arbeitsmarkts beitragen.
Reformerfordernisse zur Sicherung der Standortattraktivität
Der Rückgang ausländischer Projekte zeigt: Die Standortattraktivität steht auf dem Spiel. Einzelne Milliardeninvestitionen von US-Konzernen sind kein Ersatz für ein dauerhaft investitionsfreundliches Klima. Deutschland benötigt verlässliche Rahmenbedingungen, weniger Bürokratie, bezahlbare Energie und eine konsequente Digitalisierung der Verwaltung.
Ohne tiefgreifende Reformen droht eine weitere Erosion der wirtschaftlichen Substanz. Denn ein Standort, der für Investoren zu kompliziert, zu teuer oder zu langsam erscheint, verliert dauerhaft den Anschluss. Die Sicherung der Standortattraktivität muss daher ganz oben auf die wirtschaftspolitische Agenda – nicht als Reaktion, sondern als strategische Priorität.
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