Laut einer aktuellen Umfrage des Instituts Civey im Auftrag der Trench Group hält mehr als ein Viertel der Deutschen einen großflächigen Stromausfall in den kommenden zwölf Monaten für wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich. Diese Einschätzung liegt deutlich über dem, was offizielle Kennzahlen vermuten lassen, und sorgt für eine wachsende Debatte über die tatsächliche Blackout-Gefahr (spiegel: 08.08.25).
Offizielle Statistik zeigt nur Teil der Realität – Umfrage offenbart Wahrnehmungslücke
Die Sorge steht jedoch in einem deutlichen Gegensatz zu den offiziellen Daten. Zwar zählt Deutschland statistisch zu den stabilsten Stromnetzen weltweit, doch diese Werte zeigen nur einen Teil der Wahrheit. 2023 lag die durchschnittliche Ausfallzeit pro Verbraucher bei 12,8 Minuten – international übertroffen lediglich von Südkorea. Diese historischen Ausfallzeiten sind jedoch trügerisch, da sie ausschließlich klassische Unterbrechungen durch technische Defekte, Wartung oder Reparaturen erfassen.
Umfrage zeigt: Jeder vierte Deutsche rechnet mit einem Blackout. Historische Ausfallzeiten täuschen über neue Risiken hinweg
Die eigentliche Gefahr liegt heute woanders: Seit der Abschaltung vieler Großkraftwerke fehlen große rotierende Massen, die früher kurzfristige Schwankungen der Netzfrequenz abfederten. Neue Analysen zeigen, dass sich die Netzfrequenz im europäischen Verbundnetz in den letzten zwei Jahren häufiger und stärker verändert hat. Es gab mehr Abweichungen von über 75 mHz, teils mit schnellen Änderungen, die das System an die Grenzen seiner Regelreserven brachten. Früher konnten große Turbinen solche Spitzen sofort ausgleichen. Heute muss das oft über Stromhandel mit Nachbarländern geschehen – was riskant ist, wenn gleichzeitig in mehreren Regionen Probleme auftreten.
Internationale Beispiele verdeutlichen das Risiko
Ereignisse im Ausland zeigen, wie schnell es kritisch werden kann. Auf der Iberischen Halbinsel führten im Frühjahr 2025 Frequenzschwankungen von rund 0,2 Hz zu einem großflächigen Blackout. In Texas kam es im Februar 2021 zu einem mehrtägigen Strommangel, der mehrere Hundert Menschenleben kostete und enorme wirtschaftliche Schäden verursachte.
Laut Umfrage fürchten die Deutschen vor allem den Ausfall von Kühlsystemen für Lebensmittel. Danach folgen Sorgen um die Wasserversorgung, Heizung, Beleuchtung, Internetzugang und Bankautomaten.
Blackout als größte Gefahr für die Infrastruktur
81 Prozent der Befragten sehen einen längeren Blackout als gravierendstes Infrastrukturrisiko. Damit rangiert er noch vor einer Störung der Wasserversorgung (63 Prozent), Ausfällen in Krankenhäusern (50 Prozent) oder Unterbrechungen der Datennetze (39 Prozent). Nur zwölf Prozent halten eine längere Störung im Gasnetz für folgenschwerer.
Zwar liegt Deutschland bei den reinen Ausfallzeiten besser als viele andere Länder. In den USA etwa fallen im Schnitt pro Kunde zwischen 92 und 125 Minuten Strom pro Jahr aus. Auch die Niederlande und Österreich verzeichnen doppelt so lange Unterbrechungen wie Deutschland. Dennoch bilden diese Zahlen die neuen Risiken durch instabilere Netzfrequenzen kaum ab – und vermitteln daher ein trügerisches Sicherheitsgefühl.
Energiewende verändert die Netzstabilität
Trench-Group-Chef Bahadir Basdere betont: »Die Gesellschaft versteht mittlerweile, dass Strom eine strategische Ressource ist.« Die Einschätzung der Befragten hält er für richtig: »Ohne Strom ging früher wenig, heute geht fast nichts mehr.«
Der wachsende Anteil erneuerbarer Energien verringert zwar die Abhängigkeit von Importen, erhöht aber die Belastung der Netze. Die dezentrale Einspeisung vieler kleiner Produzenten erschwert die Steuerung. Gleichzeitig hinkt der Netzausbau hinterher. Eine gezielte Umfrage unter Fachleuten zeigt, dass Netzbetreiber die zunehmenden Frequenzschwankungen als ernstes Warnsignal sehen.
Appell an die Politik
Basdere fordert daher: »Die Antwort darauf kann nur sein, die Stromnetze zügig auszubauen und nicht den Ausbau der Erneuerbaren zu bremsen. Das Hü und Hott in der Politik ist nicht gut für die Gesellschaft.«
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