Stuttgart vor dem Absturz – wird es das deutsche Detroit?

Von | 17. August 2025

Stuttgart zählt zu den industriellen Herzstücken Europas. Mercedes-Benz, Bosch, Porsche und Mahle, um nur die großen der Branche zu nennen, prägen Wirtschaft und Arbeitsplätze. Hunderte weitere Firmen sichern ihre Existenz durch Aufträge der großen Hersteller. Der Verbrennungsmotor trug jahrzehntelang Wohlstand. Jetzt droht ein fundamentaler Einschnitt – mit Folgen, die Parallelen zum Niedergang der amerikanischen Autostadt Detroit erkennen lassen.

Parallelen zu Detroit

Detroit stand in den 1960er-Jahren für industriellen Aufstieg. „Jeder verdiente gut in Motorcity, und jeder, der etwas auf sich hielt, wollte hierher.“ Dann verlagerten Ford, General Motors und Chrysler ihre Produktion immer mehr in billigere Regionen. Die Rassenunruhen von 1967 beschleunigten den Niedergang. Binnen fünf Jahrzehnten verlor die Stadt über eine Million Menschen. Armut, Kriminalität stiegen rapide an und letztendlich folgte im Jahr 2013 die Insolvenz.

Droht Stuttgart der Weg von Detroit? Industriekrise bei Mercedes, Bosch und Porsche gefährdet Arbeitsplätze und Steuereinnahmen

Stuttgart zeigt ähnliche Muster: starke Abhängigkeit von einer Branche, hoher internationaler Wettbewerbsdruck, tiefer Technologiewandel. Ohne klare Neuaufstellung droht der Stadt ein ähnlicher Absturz wie einst in Detroit.

Mercedes unter Kostendruck

Mercedes spürt den globalen Wettbewerbsdruck massiv. Margen sinken, Gehälter werden reduziert, Abfindungsprogramme locken Beschäftigte zum Austritt. Produktionsverlagerungen ins Ausland dienen der Kostensenkung. Der Vorstandschef kritisiert die einseitige E-Mobilitätsstrategie der EU und fordert Technologieoffenheit, um Marktverluste zu vermeiden. Mercedes steckt in einer massiven Krise in der ein Abbau von 20.000 Arbeitsplätzen droht.

Bosch im harten Strukturwandel

Bosch reagiert mit einschneidenden Kürzungen. In der Mobilitätssparte fallen weltweit 5 500 Stellen weg. Software- und Fahrerassistenztechnik verlieren stark. In Hildesheim gehen 750 Jobs, in Schwäbisch Gmünd 1 300 und in Reutlingen 1 100 verloren. Auch die Tochter Etas streicht Hunderte Stellen in der Softwareentwicklung. Der Umbau trifft lokale Netzwerke direkt.

Porsche unter erheblichem Absatzdruck

Porsche meldet massive Rückgänge. Im ersten Halbjahr 2025 sanken Auslieferungen um 6 %, im wichtigsten Markt China um 42 %, in Deutschland um 34 %. Der operative Gewinn im zweiten Quartal fiel um 91 % auf nur 154 Mio €. Haupttreiber: Absatzprobleme, Umbaukosten, Zollbelastungen und schleppender Absatz von E-Modellen. Ein strenger Sparkurs mit drastischem Personalabbau von bis zu 5000 Arbeitsplätzen stehen im Raum.

Eng verknüpfte Lieferketten als Risiko

Die Automobilindustrie in Stuttgart ist ein komplexes Netz. Dienstleister, Zulieferer, Werkzeugbauer und Maschinenhersteller hängen direkt an den Aufträgen von Mercedes, Bosch, Porsche und Mahle. Fällt ein großer Auftrag aus, gerät oft ein ganzer Produktionszweig ins Straucheln. Viele Spezialbetriebe arbeiten fast ausschließlich für die Automobilindustrie. Ein Rückgang im Kerngeschäft wirkt sich deshalb unmittelbar auf Fertigungsmaschinen, Werkzeugbau und Teileproduktion aus. So entsteht ein Dominoeffekt, der Handwerk, Logistik, Ingenieurbüros und auch regionale Forschungseinrichtungen trifft.

Sinkende Steuereinnahmen und Folgen für die Stadt

Ein Rückgang der Industrieproduktion trifft nicht nur Betriebe. Die Gewerbesteuereinnahmen der Stadt sinken spürbar. Mit ihnen schrumpft der finanzielle Spielraum für Investitionen in Schulen, Verkehr, Kultur und soziale Infrastruktur. Projekte im Wohnungsbau verzögern sich, Instandhaltung von Straßen und öffentlichen Gebäuden leidet. Gleichzeitig steigen Ausgaben für Arbeitslosengeld, Umschulungen und Sozialhilfe. So entsteht ein gefährlicher Kreislauf, der Stuttgart in die finanzielle Enge drängt – ähnlich wie Detroit es erlebte.

Existenzielle Gefahr für die Region

Detroit zeigt, wie schnell ein blühender Industriestandort zusammenbrechen kann. Stuttgart vereint ähnliche Risikofaktoren: Monostruktur, internationale Konkurrenz und unvollendete Transformation. Arbeitsplatzverluste bei den großen Herstellern strahlen auf Zulieferer, Handel und Kommunen aus. Ohne konsequente Diversifizierung droht ein wirtschaftlicher Abstieg – mit gravierenden sozialen Folgen.

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