Staatliche Wasserstoffstrategie krachend gescheitert

Von | 18. August 2025

Die Nationale Wasserstoffstrategie sollte Deutschland in eine klimaneutrale Zukunft führen. Heute zeigt sich das Gegenteil: Die ambitionierten Pläne sind gescheitert. Projekte stagnieren, Unternehmen melden Insolvenz an, und Investoren verlieren das Vertrauen. Fördermittel fließen nicht wie versprochen, während die Industrie auf klare Rahmenbedingungen wartet. Das ehemalige Kraftwerksgelände Thierbach in Sachsen steht sinnbildlich für das politische Versagen. Borna-Oberbürgermeister Oliver Urban bringt die Lage auf den Punkt: „150 Jahre Bergbaugeschichte sind zu Ende, ein Strich, alle arbeitslos.“

Wasserstoffstrategie ohne Fundament

Thierbach sollte ein Vorzeigeprojekt werden. HH2E plante hier eine der größten Anlagen für grünen Wasserstoff. Mit der Insolvenz des Unternehmens zerplatzte jedoch jede Hoffnung. Der Fall belegt, wie brüchig die Wasserstoffstrategie konstruiert ist. Politische Zielvorgaben trafen auf eine Realität, in der Finanzierung, Genehmigungen und Marktentwicklung nicht zusammenpassten. Auch andere Projekte in Deutschland scheitern – nicht wegen fehlender Technik, sondern wegen fehlender politischer Verlässlichkeit.

Die deutsche Wasserstoffstrategie ist gescheitert – Ziele sind unerreichbar, Milliarden verpuffen und der Markt bricht ein

Dabei bleibt die Technologie attraktiv: Wasser per Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff zu spalten, liefert speicherbare Energie ohne CO₂-Ausstoß. Für Industrie und Verkehr wäre das ein Gewinn – wenn sich die Projekte marktwirtschaftlich tragen. Eine staatliche Verordnung ersetzt jedoch keinen funktionierenden Markt.

Ziele verfehlt, Markt verunsichert

2020 versprach die Bundesregierung zehn Gigawatt Produktionskapazität bis 2030. Tatsächlich existieren nur 1,6 Prozent davon. Weitere 200 Megawatt sind im Bau – viel zu wenig, um die Klimaziele zu erreichen. Felix Matthes, kommissarischer Vorsitzender des Nationalen Wasserstoffrats, urteilt: „Die Ziele für den Wasserstoffhochlauf im Jahr 2030 krachend verfehlt.“

Hohe Kosten und fehlende Planungssicherheit untergraben das Vertrauen. Grüner Wasserstoff ist „sehr viel teurer“ als angenommen. Mit dem Ende der Ampelregierung blieben zentrale Gesetzesvorlagen liegen, Fördermittel brachen weg – ein Schlag gegen jede Wasserstoffstrategie. Die Vorstellung, eine unausgereifte Technologie durch Vorschriften in den Markt zu drücken, hat sich als Irrweg erwiesen.

Fehlende Abnehmer, blockierter Ausbau

Großprojekte wie die geplante Umstellung der ArcelorMittal-Stahlwerke auf Wasserstoff wurden gestoppt, trotz zugesagter Milliardenförderung. Produzenten wie EnviaM, Mibrag und LEAG warten mit dem Aufbau neuer Standorte, da feste Abnehmer fehlen. Das führt zu einem Kreislauf: Ohne Produktion bleiben die Preise hoch, ohne sinkende Preise fehlen die Abnehmer.

Die Politik hätte den Markt stabilisieren müssen, statt den Einsatz per Regulierung zu erzwingen. Innovationen entfalten sich nur, wenn Angebot und Nachfrage im Gleichgewicht stehen – nicht, wenn sie künstlich verordnet werden.

Kurswechsel sorgt für Misstrauen

Unter der Ampelregierung galt Wasserstoff als Allzwecklösung. Mit dem Regierungswechsel 2024 kam die Kehrtwende. Investoren zogen sich zurück, Projekte platzten. Besonders in Thierbach war dies das Ende jeder Hoffnung auf baldige Umsetzung.

Zahlen zu gescheiterten Vorhaben gibt es nicht, da keine Meldepflicht besteht. Offizielle Listen sind unzuverlässig und enthalten auch reine Prüfprojekte. Das verstärkt den Eindruck, dass die Wasserstoffstrategie mehr aus Ankündigungen als aus belastbaren Ergebnissen besteht.

Wasserstoffstrategie ohne klare Linie

Das Wirtschaftsministerium will nun neben grünem auch blauen und grauen Wasserstoff nutzen – ein Schritt, der die CO₂-Neutralität verwässert. Ein nationales Kernnetz bis 2032 ist geplant, konkrete Fördersummen fehlen jedoch.

Matthes hält Übergangsprozesse für nötig. Falko Ueckerdt vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung warnt, dass die Klimaziele ohne eine funktionierende Wasserstoffstrategie unerreichbar bleiben. Entscheidend sei, dass der Staat die Rahmenbedingungen setzt, aber den Markterfolg nicht ersetzt. Ein funktionierender Markt kann gefördert, aber nicht verordnet werden.

Thierbachs letzte Chance

Urban setzt weiter auf das Projekt. Die Genehmigung liegt vor, der größte Solarpark Europas könnte den Strom liefern. Fehlt nur ein Investor, der die Pläne Realität werden lässt. Ohne verlässliche Wasserstoffstrategie droht jedoch auch diese Chance zu verstreichen. Thierbach steht damit exemplarisch für eine Politik, die glaubt, Innovationen politisch anordnen zu können – und dabei die Mechanismen des Marktes ignoriert.

Mit dem Stillstand ist nicht nur ein Energieprojekt gescheitert, sondern auch die Hoffnung der Region, über die Wasserstoffstrategie neue Arbeitsplätze zu schaffen oder alte zu erhalten. Der Traum, Thierbach zu einem Motor des Strukturwandels zu machen, ist damit vorerst geplatzt.

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